Einspruchsbeschwerdeverfahren vor dem EPA

Frager

Schreiber
Hallo allerseits,

Sachverhalt:

In einem Einspruchs-(beschwerde)verfahren vor dem EPA wird von der Einsprechenden ein Dokument genannt, in dessen Zusammenfassung etwas patenthinderndes (bzgl. erfinderische Tätigkeit) zusammen mit einer weiteren Druckschrift steht. Das Dokument ist eine vorveröffentlichte deutsche Offenlegungsschrift. DE ist in dem angegriffenen europäischen Patent benannt.

Die Zusammenfassung weicht dabei inhaltlich stark von dem Inhalt der Offenlegungsschrift ab und ist wahrscheinlich vom zuständigen deutschen Prüfer eigenmächtig geändert worden. Eigentlich steht in der Zusammenfassung sogar das Gegenteil von dem, was in der Offenlegungsschrift als erfindungswesentlich angesehen wird.

Frage:

Ist diese Zusammenfassung als Stand der Technik überhaupt zu berücksichtigen? Die Zusammenfassung gehört doch eigentlich gar nicht zur Offenbarung. T 246/86 und G3/89.

Falls diese Zusammenfassung doch zum SdT gezählt wird, wie könnte man sich da rausreden?

Fragen über Fragen,,..... bitte um hilfreiche Antworten.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Ich werfe mal noch drei Entscheidungen aus dem Kley ins Rennen:

T243/96
Originaldokument hat Vorrang vor seiner Zusammenfassung als Stand der Technik

T 160/92
http://legal.european-patent-office.org/dg3/biblio/t920160dp1.htm
1. Die Lehre einer vorveröffentlichten Zusammenfassung eines japanischen Patentdokuments gehört für sich genommen auch ohne das entsprechende Originaldokument prima facie zum Stand der Technik und kann als solche der Anmeldung zu Recht entgegengehalten werden, wenn nach Aktenlage nichts ihre Gültigkeit als Stand der Technik in Frage stellt. Wenn ein Verfahrensbeteiligter die Gültigkeit dieser Lehre als Stand der Technik unter Berufung auf die Lehre des Originaldokuments bestreiten will, trägt er die Beweislast (Nrn. 2.1 bis 2.5 der Entscheidungsgründe).

T 1080/99
http://legal.european-patent-office.org/dg3/biblio/t991080dp1.htm
II. Eine japanische Patentzusammenfassung in englischer Sprache ("Patent Abstracts of Japan") ist angesichts ihrer Rechtsnatur und ihres beabsichtigten Zwecks wie jede Art von technischer Zusammenfassung oder Inhaltsangabe eine Veröffentlichung, die den technischen Gehalt der entsprechenden japanischen Patentanmeldung zum Zwecke einer raschen Prima-facie-Unterrichtung der Öffentlichkeit wiedergeben soll.

Der Inhalt solcher Zusammenfassungen muß daher im Lichte des Originaldokuments - sofern dieses vorliegt - ausgelegt und möglicherweise neu bewertet werden. Scheint eine Zusammenfassung dem Originaldokument etwas hinzuzufügen, so deutet dies auf einen Fehler in der Zusammenfassung oder zumindest auf einen Fehler bei ihrer Auslegung hin (s. Nr. 4.6 der Entscheidungsgründe).
 

grond

*** KT-HERO ***
Frager schrieb:
In einem Einspruchs-(beschwerde)verfahren vor dem EPA wird von der Einsprechenden ein Dokument genannt, in dessen Zusammenfassung etwas patenthinderndes (bzgl. erfinderische Tätigkeit) zusammen mit einer weiteren Druckschrift steht. Das Dokument ist eine vorveröffentlichte deutsche Offenlegungsschrift.
Da es sich um eine vorveröffentlichte Schrift handelt, handelt es sich m.E. auch bei der Zusammenfassung um Stand der Technik, denn letztlich ist es ja egal, ob sich in der Zusammenfassung Gedanken des Prüfers oder des Anmelders finden: es handelt sich um eine technische Lehre, die öffentlich zugänglich war. Also wäre die Zusammenfassung wenigstens für die Neuheitsprüfung relevant, wenn der in der Zusammenfassung verfremdete technische Gegenstand immer noch funktionieren könnte und somit nicht vom Fachmann verworfen würde.

Bei einer nachveröffentlichten Schrift hingegen müsste man die Zusammenfassung wohl grundsätzlich hinsichtlich der Neuheitsprüfung außer acht lassen, egal, ob sie in diesem Zustand ursprünglich eingereicht war oder nicht. Wenn ich mich recht erinnere, ist die Zusammenfassung noch nicht einmal Offenbarungsquelle für das Erteilungsverfahren.

Wenn man vom zweiten Dokument als nächstem SdT einen Angriff auf die erfinderische Tätigkeit starten will und die Zusammenfassung des fraglichen Dokumentes den entscheidenden Hinweis an den Fachmann geben soll, ist diese Argumentation kaum haltbar, wenn die restliche Schrift dem Hinweis der Zusammenfassung widerspricht. Dann würde sich der Fachmann sicherlich eher an die ganze erläuternde Schrift halten und den Hinweis aus der Zusammenfassung verwerfen. Anders herum wird es auch nicht einfacher, da die Nähe der vorveröffentlichten Anmeldung zum SdT wohl auch eher nach der gesamten Offenbarung als nach der Zusammenfassung bestimmen würde, so dass der Fachmann von diesem Dokument nicht mehr zum Patentgegenstand kommen könnte.

Von daher bin ich der Meinung, dass die Zusammenfassung in einer Prüfungsaufgabe das Stückchen Käse in der Mausefalle wäre: das Dokument kann innerhalb eines Angriffs auf die erfinderische Tätigkeit nicht gewinnbringend verwertet werden.
 
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