unterschiedliche Anspruchssätze wegen 54(3) Dokumentes und Einspruch

grond

*** KT-HERO ***
Nach EPÜ73 konnte es wegen unterschiedlicher Bennenungsstaaten eines 54(3) Dokumentes und der zu prüfenden Anmeldung zu unterschiedlichen Anspruchssätzen für unterschiedliche Staaten kommen. Was geschieht nun aufgrund eines in einem Einspruch eingeführten Dokumentes, das nur relevant für die Länder mit weiter gefasstem Anspruchssatz ist, nicht aber für die bereits enger gefassten Ansprüche, wenn der Patentinhaber nur die Aufrechterhaltung des Patentes beantragt und keine Hilfsanträge bringt?

Prinzipiell gilt ja, dass das ganze Patent fällt, wenn der Einsprechende dies beantragt, der unabhängige Anspruch tatsächlich fällt und der Patentinhaber keine auf Unteransprüche oder sonstige Einschränkungen gerichtete Hilfsanträge bringt. Wie ist das aber bei zwei Anspruchssätzen für unterschiedliche Benennungsstaaten? Würde der eingeschränkte Anspruchssatz für die "Schnittmengenländer" auch ohne entsprechenden Antrag des Patentinhabers aufrecht erhalten werden?
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Meine Meinung ist:

Wegen Art. 118 muss das ganze Patent widerrufen werden, da die Einheit des Patents nur durch explizit geregelte Fälle durchbrochen werden darf. Der Patentinhaber kann im Einspruchsverfahren überhaupt nur aufgrund von Regel 138 eine Beschränkung des betreffenden Anspruchssatzes vornehmen. Unterläßt er das aber, gibt es keine Möglichkeit das Patent von Amts wegen aufrecht zu erhalten.
 

grond

*** KT-HERO ***
Lysios schrieb:
Wegen Art. 118 muss das ganze Patent widerrufen werden, da die Einheit des Patents nur durch explizit geregelte Fälle durchbrochen werden darf.
Ich tendiere auch in diese Richtung, zumal Art. 99(2) ja auch in die Richtung geht, dass automatisch alle Länder vom Einspruch betroffen sind, also eine einheitliche Folge für alle Länder gewünscht ist und nur unter der Ausnahme durch ein 54(3)-Dokument eine Schlüsselung nach Ländern geschehen können soll. Wie wichtig dem Gesetzgeber die Einheitlichkeit ist, hat er ja durch die Gesetzesrevision unterstrichen...
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Siehe auch Rechtsprechung, 5. Auflage, S. 480: Antrag auf Aufrechterhaltung im Fall älterer europäischer Rechte.

Insbesondere T 117/90: Daraus könnte man folgern, dass man das Patent auf Antrag sogar nur für nicht kollidierende Länder aufrechterhalten könnte. Auch T 796/90 deutet diese Möglichkeit an. Für mich ist das aber überhaupt nicht nachvollziehbar, da keine Regelung im EPÜ vorhanden ist, die das erlauben würde.
 

grond

*** KT-HERO ***
Lysios schrieb:
Insbesondere T 117/90: Daraus könnte man folgern, dass man das Patent auf Antrag sogar nur für nicht kollidierende Länder aufrechterhalten könnte.
T117/90 kommt der Sache ziemlich nahe, wobei hier keine ursprüngliche "Zweiteilung" des Patentes nach Benennungsstaaten vorlag, woraus man eine auch materielle Zweiteilung herbeibegründen könnte, die einen Widerruf nur für den betroffenen Teil der Ansprüche bedeuten würde. Das war mein Gedankengang, weshalb man zur Ansicht gelangen könnte, dass nur die weitergefassten Ansprüche widerrufen werden. In meinem Beispiel war ja nicht ein 54(3)-Dokument im Einspruch zu berücksichtigen, sondern hatte bereits zu unterschiedlichen Ansprüchen im erteilten Patent geführt, so dass ein gewöhnlicher SdT nur noch die weiter gefassten Ansprüche betroffen hätte.

Wie wäre es denn eigentlich, wenn der Einsprechende den Widerruf des gesamten Patents beantragt, der Inhaber ohne Hilfsanträge dessen Aufrechterhaltung und nur Ansprüche einer Kategorie faktisch getroffen sind (die Ansprüche der anderen Kategorie könnten ja z.B. enger gefasst sein)? Wird dann auch das gesamte Patent widerrufen? Ich denke doch. Damit dürfte die Luft für eine Aufrechterhaltung in meinem (pathologischen) Beispiel sehr dünn werden.
 
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