Anmeldung durch Nichtberechtigten und Jahresgebühren

grond

*** KT-HERO ***
Muss für eine Neuanmeldung durch den Berechtigten nach Art. 61 (1) b) die ursprüngliche durch den Nichtberechtigten veranlasste Anmeldung noch leben? Ist also der Entnommene in jedem Fall gezwungen, vorsorglich die Jahresgebühren für die Anmeldung zu entrichten, um die der Vindikationsstreit geführt wird?

Dafür spräche, dass in R. 51(6) bestimmt wird, dass Jahresgebühren für die Neuanmeldung nicht nachzuentrichten sind, was nahelegt, dass das EPA diese schon eingenommen haben will. Eine explizite Regelung hierzu kann ich aber nicht finden.

Dabei schließen sich jedoch ein paar Fragen an:

Was passiert, wenn die Vindikationsklage fehlschlägt? Bekommt der unterlegene Kläger seine Jahresgebühren vom Anmelder zurück? Der könnte ja argumentieren, er habe ohnehin kein Interesse an der Anmeldung mehr gehabt. Hier müsste man vermutlich tief ins BGB einsteigen, so dass das wohl eher nicht EQE-relevant ist. Genauso im umgekehrten Fall, wenn der Vindikationskläger obsiegt für vorher vom Nichtberechtigten gezahlte (Jahres)gebühren.

Schließlich: wer erhält seine Jahresgebühr während des schwebenden Vindikationsverfahrens vom EPA zurück, wenn beide Parteien Jahresgebühren entrichten (weitere Fallunterscheidungen: Jahresgebühren am selben Tag oder an unterschiedlichen Tagen entrichtet)?

Da jedermann Gebühren entrichten darf, würde das EPA wohl die erste Jahresgebühr einbehalten. Beim Fall von doppelter Entrichtung am selben Tag wäre dann fraglich, ob hilfsweise die Vermutung aus Art. 60(3) oder eher noch die Uhrzeit der Entrichtung herangezogen würde.
 

Horst

*** KT-HERO ***
Kurze Antwort: G3/92

Essenz: Die ältere Anmeldung muss NICHT anhängig sein. Als Grund wird eine ansonsten unbillige Rechtslage (u.a. mit den von Dir angedachten Konsequenzen) angegeben.
 

grond

*** KT-HERO ***
Horst schrieb:
Kurze Antwort: G3/92
Danke! Interessanterweise scheint es mir so, als ob das ursprünglich anders geplant gewesen sei. Neben der Tatsache, dass der Entnommene die Jahresgebühren bei der Neuanmeldung nicht nachentrichten muss, also prinzipiell die Möglichkeit bestünde, Jahresgebühren "netto" zu sparen, soll R. 15 den Nichtberechtigten ja offenbar daran hindern, die Anmeldung zum Schaden des Entnommenen aufzugeben.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Laut Visser (Art 61, S. 120) und CEIPI D-Teil Seminar ist das EPÜ 2000 im Konflikt mit G 3/92 (er hat aber dort einen Typo G 2/93 statt G 3/92, aber es ist klar, dass G 3/92 gemeint sein muss).

Der Konflikt ergibt sich aus dem neuen Verweis auf Art. 76 in Art. 61 (2). Damit wird nun die neue Regel 36 einschlägig, die verlangt, dass eine Teilanmeldung nur zu einer anhängigen Anmeldung eingereicht werden kann. Im EPÜ 1973 gab es diesen Verweis nicht und es gab die eigenständigen Regelungen in R15 und R16 EPÜ 1973. Es war jedoch die Absicht des Gesetzgebers, zu der Entscheidung G 3/92 kompatibel zu bleiben (RiLi C VI, 9.2.2, Fußnote zu Art. 61 in der 13. Auflage des EPÜ). Deshalb könnte das EPA die Ausführungsordnung entsprechend modifizieren, um diese Übereinstimmung wiederherzustellen.
 

grond

*** KT-HERO ***
Lysios schrieb:
Der Konflikt ergibt sich aus dem neuen Verweis auf Art. 76 in Art. 61 (2).
Vielen Dank für diese überaus interessante Ergänzung! In meinem Hinterkopf spukte nämlich auch herum, dass die Neuanmeldung durch den Berechtigten eigentlich wie die Teilanmeldung zu behandeln wäre. Im Zweifel hätte ich mich in der Prüfung falsch entschieden und eine Neuanmeldung an einer nicht entrichteten Jahresgebühr sterben lassen... :/
 
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