'Fachfremde' Arbeit?

Unwissender

Vielschreiber
Ich informiere mich derzeit über den Beruf des Patentanwalts. Dabei tauchte folgende Frage auf, bei der ihr mir höchstwahrscheinlich helfen könnt:

Ich dachte bisher, dass der Patentanwalt aufgrund seiner naturwissenschaftlichen/technischen Ausbildung ausschließlich auf dem jeweiligen Gebiet tätig wird. In den Informationen auf dieser Seite unter Punkt EEP fand ich dann aber folgenden Satz:

"... So sind beispielsweise Fälle bekannt, in denen Chemiker die Fachrichtung Mechanik angegeben haben, da diese in ihrer Kanzlei oder Patentabteilung hauptsächlich Fälle auf dem Gebiet der Mechanik bearbeitet haben..."

Arbeitet also ein Naturwissenschaftler in der Praxis auch "fachfremd"?

Danke für eure Antworten.

Lg
Unwissender
 

Pat-Ente

*** KT-HERO ***
In der Regel wird nur unterschieden zwischen "Technik" und "Chemie" (die Bezeichnungen variieren evtl.).

D.h. als beispielsweise E-Techniker wird man oft auch mit mechanischen Erfindungen konfrontiert, und wenn's in die Halbleiter geht, wird's mitunter auch ein wenig chemisch. Bezugspunkt ist der Physiker, der per Definitionem alles kann ;-)

Wie die von Dir genannten Beispiele zeigen, ist auch die oben genannte Trennung nicht zwingend, das haengt dann aber eher von den persoenlichen Vorlieben ab (es mag z.B. Chemiker geben, die eigentlich lieber Physiker waeren ...).

Grundsaetzlich muss der Patentanwalt, insbesondere in einer Kanzlei, Generalist sein, und zwar um so mehr, je kleiner die Kanzlei ist. Wenn man auf ein unbekanntes technisches Gebiet kommt, muss man sich eben einarbeiten (mit gewissen Grenzen, von chemischen Themen habe ich mich z.B. moeglichst ferngehalten).
 

MPS

GOLD - Mitglied
Das kommt immer auf die Komplexität des Sachverhaltes an und die persönliche Erfahrung an. Manche Chemiker können auch leichtere mechanische Erfindungen kompetent bearbeiten. Man sollte aber den Mut haben, seinem Mandanten (und seinen Kollegen, was vielleicht noch schwerer ist) zu sagen, dass man seinen Fall nicht annimmt bzw. weiterreicht, weil man technisch nicht genug davon versteht.
Ich halte es für einen Mythos, dass einer alles kann. Zumal als Anfänger ! Das hängt auch immer von dem Qualitätsniveau ab, das man mit seiner Kanzlei darstellen will.
Es kommt im übrigen nicht nur auf das technische Verständnis der Erfindung an, sondern auch auf die Vertrautheit mit der Anwendung der Rechtsnormen (Rechtsprechung). Das spielt gerade in der Chemie eine Rolle. Wenn man z.B. nicht sicher ist, wie in der Biotechnologie der Artikel 83 EPÜ gehandhabt wird, sollte man die Finger davon lassen.
Und noch eine Warnung : Es gibt Leute (auch Erfinder), die sind sehr gut darin, einen Schreibstil nachzuahmen. Das sieht dann wirklich professionnel aus, wie ein richtiges Patent. Aber was sie dabei genau tun, wissen sie oft nicht.
 

Groucho

*** KT-HERO ***
Aus eigener Erfahrung kann ich beisteuern, dass es beispielsweise für meinen früheren Ausbilder "fachfremde" Arbeiten prinzipiell nicht gab, da er für sich auf allen Gebieten der Technik allerhöchste Kompetenz beanspruchte. Das gestattete ihm sogar oft, den Erfindern zu erklären, was sie eigentlich erfunden hätten. ;-)
 
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