Computer-implementierte Erfindungen / nicht-technisches Problem (EPA)

Smith-O

SILBER - Mitglied
In Bezug auf Computer-implementierte Erfindungen (vor dem EPA) ist oft zu lesen, dass fuer den erfinderischen Schritt die Lösung eines TECHNISCHEN Problems mit Hilfe von technischen Mitteln erforderlich ist. Stimmt das so, oder ist es ausreichend wenn ein NICHT TECHNISCHES Problem mit technischen Mitteln geloest wird?

Ich denke da an die Situation in der Mechanik, wo z.B. die Schaffung eines aesthetischen Effekts mit technischen Mitteln durchaus erfinderisch sein kann. Hier wird dann auch ein NICHT-technisches Problem mit technischen Mitteln geloest. Hat damit jemand schon Erfahrung gemacht?
 

Pat-Ente

*** KT-HERO ***
Das dürfte wohl kaum funktionieren. Es ist ja inzwischen unstreitig, dass z.B. ein Computerprogramm, das auf einem Computer ausgeführt wird, grds. ein technisches Mittel ist (Technizität wird hier idR nicht in Frage gestellt).

Mit diesem technischen Mittel kann natürlich ohne weiteres ein nicht-technisches Problem, z.B. die Erstellung einer Buchhaltung o.Ä. gelöst werden. Derartige Anwendungen sollen aber gerade nicht dem Patentschutz zugänglich sein. (vgl. EPA "Steuerung eines Pensionssysstems": Verwendung technischer Mittel für einen rein nichttechnischen Zweck macht das Verfahren nicht notwendig technisch)
 

Smith-O

SILBER - Mitglied
Hmm ...

Ich gebe Dir Recht: Technizitaet ist unstreitig.

Ich gebe Dir auch Recht, dass wenn das Problem "ohne weiteres" mit den beanspruchten technischen Mitteln geloest werden kann, dann ist der Anspruch aller Voraussicht auch nicht erfinderisch.

Aber wie ist die Situation, wenn die technischen Mittel nicht naheliegend sind? Wenn man jetzt ein nicht-technisches Problem (Durchführung der Geschaeftsmethode) mit NICHT NAHELIEGENDEN technischen Mitteln loest, so sehe ich da eigentlich keinen Grund dieser technischen Loesung den Patentschutz zu verwehren. Allein die Tatsache, dass die technische Loesung ein nicht-technisches Problem loest, sollte da unerheblich sein.

Nochmal: Nicht naheliegenden technischen Mitteln zur Erreichung eines aesthetischen Effekts wird normalerweise Patentfähigkeit zuerkannt (EP: RiLi C-IV, 2.3.4; DE: Schulte §1, RNr 80). Und dies obwohl das Problem (Erziehlung eines aesthetischen Effekts) nicht technisch ist.

Pat-Ente schrieb:
Das dürfte wohl kaum funktionieren. Es ist ja inzwischen unstreitig, dass z.B. ein Computerprogramm, das auf einem Computer ausgeführt wird, grds. ein technisches Mittel ist (Technizität wird hier idR nicht in Frage gestellt).

Mit diesem technischen Mittel kann natürlich ohne weiteres ein nicht-technisches Problem, z.B. die Erstellung einer Buchhaltung o.Ä. gelöst werden. Derartige Anwendungen sollen aber gerade nicht dem Patentschutz zugänglich sein. (vgl. EPA "Steuerung eines Pensionssysstems": Verwendung technischer Mittel für einen rein nichttechnischen Zweck macht das Verfahren nicht notwendig technisch)
 

Smith-O

SILBER - Mitglied
Pat-Ente schrieb:
(vgl. EPA "Steuerung eines Pensionssysstems": Verwendung technischer Mittel für einen rein nichttechnischen Zweck macht das Verfahren nicht notwendig technisch)
Ich bin mir nicht sicher, ob ich da zustimme. T931/95 scheint doch gerade das Gegenteil zu sagen:

"3. An apparatus constituting a physical entity or concrete product, suitable for performing or supporting an economic activity, is an invention within the meaning of Article 52(1) EPC."
 

Pat-Ente

*** KT-HERO ***
Schmidt-O schrieb:
Pat-Ente schrieb:
(vgl. EPA "Steuerung eines Pensionssysstems": Verwendung technischer Mittel für einen rein nichttechnischen Zweck macht das Verfahren nicht notwendig technisch)
Ich bin mir nicht sicher, ob ich da zustimme. T931/95 scheint doch gerade das Gegenteil zu sagen:

"3. An apparatus constituting a physical entity or concrete product, suitable for performing or supporting an economic activity, is an invention within the meaning of Article 52(1) EPC."
Stimmt schon; das "Pensionssystem" ist wohl schon etwas älter. Wie gesagt, ist Technizität an sich meist unproblematisch.

Allerdings ist für die Untersuchung auf erfinderische Tätigkeit die Formulierung einer technischen Aufgabe erforderlich, die dann mit der Erfindung (natürlich auf technische Weise) gelöst wird. Bei den angeführten "ästhetischen Erfindungen" ist nämlich auch Voraussetzung, dass der ästhetische Eindruck durch erfinderische technische Maßnahmen erzielt wird (es reicht nicht, wenn der ästhetische Eindruck selbst innovativ ist). Dass das Ergebnis keinen technischen Nutzen hat, schadet dann nicht.

Übrigens dürfte auch die Lösung eines technischen Problems mit nicht-technischen Mitteln (Beispiel: energiesparende Beleuchtung durch Lichtausschalten, wenn man den Raum verlässt) nicht patentierbar sein.
 

grond

*** KT-HERO ***
Schmidt-O schrieb:
In Bezug auf Computer-implementierte Erfindungen (vor dem EPA) ist oft zu lesen, dass fuer den erfinderischen Schritt die Lösung eines TECHNISCHEN Problems mit Hilfe von technischen Mitteln erforderlich ist. Stimmt das so, oder ist es ausreichend wenn ein NICHT TECHNISCHES Problem mit technischen Mitteln geloest wird?
Ich meine letzteres ist richtig. Meines Wissens kulminierte die EPA-Rechtsprechung zu computerimplementierten Erfindungen darin, dass auch die Lösung nichttechnischer Probleme dem Patentschutz zugänglich sein kann, wenn zur Lösung der nichttechnischen Aufgabe "technische Überlegungen notwendig" seien. Letztlich geht es also um die Frage des Vorhandenseins einer technischen Lehre, welche eben nicht nur dann vorliegen kann, wenn das zu lösende Problem technisch ist. Oder platt ausgedrückt: den Durchschnittsfachmann holt man eben nicht nur dann, wenn es ein technisches Problem gibt, sondern wenn man sein technisches Wissen braucht.

Als Negativbeispiel gab es da diese holländische Versteigerung. Das Problem war, dass die zeitliche Reihenfolge von Geboten bezüglich der Zeitpunkte, wo sie zuhause bei den verschiedenen Computerbenutzern per Klick abgegeben werden, beim Server nicht mit Sicherheit festgestellt werden kann. Das wäre durchaus ein technisches Problem, welches u.U. mit technischen Mitteln gelöst werden könnte (soll heißen: bei dem technische Überlegungen zu einer Lösung führen könnten). Die beanspruchte (Nicht-)Erfindung sah nun aber zur Lösung des Problems ein verändertes Versteigerungsverfahren vor. Ich erinnere mich nicht mehr, wie das im Detail ging, aber es war wohl eine umgekehrte Versteigerung, bei der der Preis kontinuierlich gesenkt wird, bis einer ein Gebot abnimmt. Anhand der Höhe des angenommenen Gebots wurde dann der Sieger der Auktion bestimmt. Diese Lösung war nun nichttechnisch, weil das technische Problem quasi durch Änderung der Geschäftsmethode umgangen wurde.

Da mich dieses ganze Thema inzwischen anödet und jede Berührung mit Software im Patentwesen ohnehin nur zur Lektüre von unendlichem abstrakten Geschwafel führt, kann ich aber mit den entsprechenden Entscheidungen nicht aufwarten... ;)
 
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