Erstanmeldepflicht bei Patenten

Miriam Anthonj

Vielschreiber
Hallo,

ich hätte eine Frage bezüglich Patentgesetzen:

In China gibt es eine Art Erstanmeldepflicht für Erfindungen, wenn die Erfindung in China vollendet wurde und das Unternehmen seinen Sitz in China hat. Die Erfindung muss hier zuerst in China angemeldet werden, ansonsten geht wohl der Patentschutz für China verloren.

Gibt es solche Regelungen auch in anderen Ländern?

Oder gibt es evt. einen Fachbegriff für "Erstanmeldung"??
Wenn ich nämlich Ersanmeldung bei google eingebe bekomme ich lediglich 2 Treffer, die sich auf Luxemburg (nichts zum Patent) beziehen....

Vielen Dank für Eure Hilfe!!

Grüße Miriam
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Solche Pflichten gibt es für eine ganze Reihe von Ländern wie USA (wenn Erfindung in USA gemacht) und Indien (bei Erfindern mit Wohnsitz in Indien).

Die Lösung besteht meist in einer "Foreign Filing License", etwa für USA oder Indien. Die kostet aber meistens etwas und besteht darin, die Anmeldung vor Einreichung beim ausländischen Patentamt beim jeweiligen nationalen Amt einzureichen und begutachten zu lassen. Meist wird nur auf Staatsgeheimnisse und dergleichen geprüft.

Für die EPÜ-Vertragsstaaten (z.B. Frankreich, Italien, Vereinigtes Königreich) siehe hier:
http://www.epo.org/patents/law/legal-texts/national-law-epc_de.html

Tabelle II, Spalte 2
 

Gunk

SILBER - Mitglied
Bei manchen multinationalen Unternehmen führt das übrigens bisweilen zu dem Problem, dass eine Erfindung nicht angemeldet werden kann, ohne zumindest in einem Land gegen das Gesetz zu verstossen, nämlich wenn eine Erfindung gemeinsam von Erfindern gemacht wird, die in Niederlassungen in verschiedenen Staaten tätig sind...bei derartigen Erstanmeldepflichten darf man nämlcih die Anmeldung auch nicht vorab dem Patentamt eines anderen Staates zur Erteilung einer "Foreign Filing Licence" übermitteln

Gunk
 

Armin

GOLD - Mitglied
Ist das immer noch der Stand, dass es nirgendwo eine "offizielle" Liste derjenigen Länder gibt, in denen eine Foreign Filing License Policy besteht?

Im Moment scheint das jedenfalls in USA, China, Indien, Frankreich, Italien und England der Fall zu sein.

Kennt jemand weitere Länder?

PS:
Hier wurden im Jahr 2011 folgende Länder gelistet
USA, UK, France, Germany [!?], China, South Korea, India, Canada and New Zealand
 
Zuletzt bearbeitet:

Hans35

*** KT-HERO ***
@Gunk
Bei manchen multinationalen Unternehmen führt das übrigens bisweilen zu dem Problem, dass eine Erfindung nicht angemeldet werden kann, ohne zumindest in einem Land gegen das Gesetz zu verstoßen, nämlich wenn eine Erfindung gemeinsam von Erfindern gemacht wird, die in Niederlassungen in verschiedenen Staaten tätig sind...
Es geht letztlich darum, dass manche Länder jegliche technologische Entwicklung bereits als Staatsgeheimnis o.ä. behandeln, oder dass es dort zumindest nicht dem Anmelder überlassen werden soll zu entscheiden, was darunter fällt. Und das ist zumindest verständlich, soweit man an Fachgebiete wie Kryptologie denkt. In solchen Fällen entsteht der "Geheimnisverrat" aber nicht erst beim Einreichen einer Patentanmeldung, sondern bereits während einer grenzüberschreitenden Zusammenarbeit der Erfinder, falls diese nicht genehmigt ist. Liegt eine Genehmigung vor, so wird diese auch Bestimmungen über Patentanmeldungen enthalten, die die Erfinder und der Anmelder bereits zu berücksichtigen haben, wenn ein ausländischer Patentanwalt eingeschaltet wird. Der Patentanwalt kann sich nur mitschuldig machen, wenn er die Erstanmeldung in einem Drittstaat (oder z.B. beim EPA) einreicht.
 

Armin

GOLD - Mitglied
AW: Erstanmeldepflicht bei Patenten – retroactive grant of filing license

Hallo zusammen,

hat jemand schon Erfahrungen mit der "versehentlichen" Anmeldung einer US-Erfindung im Ausland, also mit dem damit verbundenen Verstoß gegen die US-Foreign Filing Policy?

Hier steht ja, dass man das nachträglich beheben lassen kann:

The license may be granted retroactively where an application has been filed abroad through error and the application does not disclose an invention within the scope of section 181.

Ist das schwierig oder kritisch, für die US-Anmeldung so solche rückwirkende Genehmigung zu bekommen?
 

Pat-Ente

*** KT-HERO ***
Also die WIPO ist doch irgendwie "offiziell"?

Siehe dort:
https://www.wipo.int/pct/en/texts/nat_sec.html


Es fällt auf, dass viele Länder (z.B. Frankreich) ein inländisches Erstanmeldeerfordernis haben, wenn der Anmelder Inländer ist. Ein internationaler Konzern könnte ein solches Erfordernis also leicht umgehen, indem etwa die ausländische Muttergesellschaft das Patent anmeldet, auch wenn die Erfindung bei der inländischen Tochter entstanden ist.



Das kann aber doch nicht der Sinn sein? Hat da jemand praktische Erfahrungen, insbesondere in Bezug aud Frankreich?
 

smartpat

SILBER - Mitglied
AW: Erstanmeldepflicht bei Patenten – retroactive grant of filing license

Hallo zusammen,

hat jemand schon Erfahrungen mit der "versehentlichen" Anmeldung einer US-Erfindung im Ausland, also mit dem damit verbundenen Verstoß gegen die US-Foreign Filing Policy?


Ist das schwierig oder kritisch, für die US-Anmeldung so solche rückwirkende Genehmigung zu bekommen?

Extrem schwierig. Erfordert sehr detaillierte eidesstattliche Versicherungen wer was wann wusste und wie es zu dem Fehler kommen konnte. „Wir haben die Regel gekannt und ignoriert“ ist einfacher: es wird kein US Patent für die Erfindung geben.
 

Armin

GOLD - Mitglied
Danke @smartpat für die Infos.

Gut, man muss schon so einiges zusammenschreiben, aber das erscheint doch ziemlich straightforward und somit recht machbar zu sein?
 

smartpat

SILBER - Mitglied
Gut, man muss schon so einiges zusammenschreiben, aber das erscheint doch ziemlich straightforward und somit recht machbar zu sein?

Machbar? Möglicherweise. Aber zum Beispiel nicht für Leser dieses Threads, da sie ja offenbar von dem Foreign Filing Requirement wussten :rolleyes:

Das USPTO macht Anmeldern das Leben bei Foreign Filing Licenses absichtlich schwer. Meine letzte im zweiten Anlauf erfolgreiche Petition hatte mit Anhägen einen Umfang von 130 Seiten...
 
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