Einer von zwei Patentinhabern verschwunden

pak

*** KT-HERO ***
Hallo zusammen,

folgender Fall:

A und B machen eine Erfindung. Patent wird erteilt, wobei A und B sowohl gemeinsam als Erfinder als auch gemeinsam als Patentinhaber eingetragen sind. A zahlte das Anmeldeverfahren und auch die bisher angefallenen Jahresgebühren.

A hat nun die Möglichkeit das Patent zu verkaufen. B ist jedoch ins Ausland verschwunden und nicht mehr auffindbar. Welche Möglichkeiten hat A nun?

Danke für Eure Anregungen

pak
 

grond

*** KT-HERO ***
Mehrere Patentinhaber bilden eine Bruchteilsgemeinschaft, die einschlägigen Vorschriften stehen in 741ff. und 1008ff. BGB.

Jeder Inhaber darf gesondert über seinen Anteil bestimmen (§747 S. 1 BGB), also könnte A lizenzieren oder seinen Anteil übertragen. Auch kann er allein das Patent gegen Dritte durchsetzen (§1011 BGB). Jahresgebühren müsste B mittragen (§748 BGB), wenn B aber nicht auffindbar ist, kann A (wie bekanntlich jeder Dritte) die Jahresgebühren natürlich auch vollständig entrichten. Hinsichtlich der "Früchte" besteht jedoch ein Ausgleichsanspruch zwischen den Bruchteilseignern (§743 I BGB). Das soll A aber nicht aufhalten, wenn B nicht greifbar ist... ;)
 
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pak

*** KT-HERO ***
grond schrieb:
Jeder Inhaber darf gesondert über seinen Anteil bestimmen (§747 S. 1 BGB), also könnte A lizenzieren oder seinen Anteil übertragen. Auch kann er allein das Patent gegen Dritte durchsetzen (§1011 BGB). Jahresgebühren müsste B mittragen (§748 BGB), wenn B aber nicht auffindbar ist, kann A (wie bekanntlich jeder Dritte) die Jahresgebühren natürlich auch vollständig entrichten. Hinsichtlich der "Früchte" besteht jedoch ein Ausgleichsanspruch zwischen den Bruchteilseignern (§743 I BGB). Das soll A aber nicht aufhalten, wenn B nicht greifbar ist... ;)
Hallo Grond,

danke für Deine Antwort. Das Problem ist nur, dass sich der Anteil des A nur schwer verkaufen lässt, wenn der Käufer dann stets den B mit an Bord hat. Ich habe mir den Kopf darüber zerbrochen, ob der A den B irgendwie rausschmeißen kann, da dieser nicht für die Zahlung der Jahresgebühren geradesteht und unauffindbar ist. Allerdings habe ich dafür noch keine Grundlage gefunden. Ich befürchte, dass dies nicht möglich ist.

Gruß

pak
 

corvinus

SILBER - Mitglied
man kann den anderen schon rausdrängen, es ist zwar kompliziert aber machbar (wir haben so einen ähnlich gelagerten Fall vor ca. 4 Jahren schon bis zum Ende durchgezogen), Details weiß ich grade nicht mehr so genau, müßte ich in der Akte noch einmal nachsehen.
 

grond

*** KT-HERO ***
pak schrieb:
Das Problem ist nur, dass sich der Anteil des A nur schwer verkaufen lässt, wenn der Käufer dann stets den B mit an Bord hat.
Warum ist das ein Problem? B scheint ja auch nicht zu produzieren oder an Wettbewerber zu lizenzieren? Der potentielle Käufer dürfte die Erfindung benutzen und das Patent auch gegenüber Dritten durchsetzen. Aber gut, den Kaufpreis wird ein nicht auffindbarer zweiter Inhaber nicht gerade hochtreiben...


Ich habe mir den Kopf darüber zerbrochen, ob der A den B irgendwie rausschmeißen kann, da dieser nicht für die Zahlung der Jahresgebühren geradesteht und unauffindbar ist. Allerdings habe ich dafür noch keine Grundlage gefunden. Ich befürchte, dass dies nicht möglich ist.
Prinzipiell ist die Aufhebung der Bruchteilsgemeinschaft vorgesehen (§749 I BGB). Die Aufhebung kann durch Teilung in Natur (§752 BGB) erfolgen, wobei dieser Fall höchstens auf Anmeldungen anwendbar sein dürfte, die ja tatsächlich geteilt werden können. Ich meine aber, dass die Teilungsmöglichkeit auch für Anmeldungen ganz ausscheidet, weil laut §752 BGB gleichartige Teile geschaffen werden müssen (immerhin besitzt ja jeder einen Bruchteil des Gesamten; vertraglich kann man sich natürlich immer über Teilanmeldungen einigen, ansonsten gäbe es ja Vindikationsansprüche). Im Gesetz vorgesehen ist, wenn die Teilung in Natur unmöglich ist, weiters die Teilung durch Verkauf (§753 BGB). Der gemeinschaftliche Gegenstand wird also verkauft und das Geld auf die Inhaber aufgeteilt, wobei A hierbei praktischerweise gleich mit seinen Ansprüchen aus den Jahresgebühren aufrechnen könnte. Dies führt uns aber zu einem zweiten Gedanken:

Wenn A noch gegen B Ansprüche wegen der Jahresgebühren hat und B nicht auffindbar ist, könnte man natürlich seinen Anteil am Patent pfänden. Das ist vermutlich ein langer Weg, der jedoch u.U. deutlich kürzer wird, wenn der B tatsächlich nicht auffindbar ist. Dann würde man eine entsprechende Klage öffentlich zustellen und ein Versäumnisurteil bekommen, gegen das kein Widerspruch zu erwarten wäre. Das könnte dann vollstreckt werden, wobei man sich zufälligerweise das Patent als Vermögensgegenstand aussucht. Ob man dann aber auch den Anteil des B vollständig bekommt? Wie würde der Wert des Patentes im Wege der Zwangsvollstreckung festgesetzt werden? Schwierige Fragen...
 

corvinus

SILBER - Mitglied
Grond hat mir die Anregung gegeben auch ohne die Akte rauszusuchen:

Man kann die Anmeldung verkaufen richtig, bzw. wir haben damals die Anmeldung öffentlich am AG versteigern lassen und dann dem nicht auffindbaren (in unserem Fall war es allerdings ein real existierender renitenter Arbeitnehmererfinder) Mitinhaber nach Abzug der Kosten seinen Teil ausgezahlt bzw. bei nicht auffindbar würde ich es wahrscheinlich auf ein Sperrkonto einzahlen. Es gab noch mehr Details, aber das war die grobe Linie und hat auch prima funktioniert....
 

Das gelbe U

*** KT-HERO ***
Da haben die werten Herren aber ordentlich in die Trickkiste gegriffen - da lohnt sicher die Suche nach einem fähigen RA.....
 

gastII

SILBER - Mitglied
grond schrieb:
Mehrere Patentinhaber bilden eine Bruchteilsgemeinschaft, die einschlägigen Vorschriften stehen in 741ff. und 1008ff. BGB.

Jeder Inhaber darf gesondert über seinen Anteil bestimmen (§747 S. 1 BGB), also könnte A lizenzieren
nicht ohne Zustimmung von B (747 S2). Es bleibt also nur der Verkauf.
 

Das gelbe U

*** KT-HERO ***
gastII schrieb:
grond schrieb:
Mehrere Patentinhaber bilden eine Bruchteilsgemeinschaft, die einschlägigen Vorschriften stehen in 741ff. und 1008ff. BGB.

Jeder Inhaber darf gesondert über seinen Anteil bestimmen (§747 S. 1 BGB), also könnte A lizenzieren
nicht ohne Zustimmung von B (747 S2). Es bleibt also nur der Verkauf.
Das ist falsch, grond liegt richtig. BGB §747 S2 ist die falsche Adresse für die Lizenzierung - für den Verkauf allerdings ist BGB §747 S2 einschlägig.
 

grond

*** KT-HERO ***
Das gelbe U schrieb:
für den Verkauf allerdings ist BGB §747 S2 einschlägig.
Wieso? Der Anteilsinhaber kann seinen Anteil verkaufen (§747 S.1). Außerdem gesteht §749 I jedem das Recht zu, die Aufhebung der Gemeinschaft zu fordern. Und zwar ohne jede Voraussetzung. Einer Zustimmung des B bedarf es also auch zum Verkauf des Ganzen nicht.

Das ist übrigens auch außerhalb des gewerblichen Rechtsschutzes oft eine Bestimmung mit harten Folgen: so bilden Eigentümer eines Grundstücks eine Bruchteilsgemeinschaft. Es ist nicht selten, dass ein Erbe eines Anteils beschließt, diesen zu Geld zu machen. In dem Fall entsteht eine nahezu erpresserische Situation: entweder zahlen die sonstigen Erben, die an dem Besitz des Grundstücks interessiert sind, den verlangten Preis, oder das gesamte Grundstück geht in die Versteigerung, woraufhin die anderen Bruchteilseigner nur versuchen können, das Grundstück zurückzuerwerben. Geht das schief, haben sie den Kaufpreis nur in die Höhe getrieben bzw. sie bekommen eventuell einen lausigen Anteil am Versteigerungserlös. Von daher sind Bruchteilseigner eines Mehrparteienhauses gut beraten, dieses frühzeitig vertraglich aufzuteilen, also einander Sondereigentum an den einzelnen Wohnungen einzuräumen. Dann kann in der obenbeschriebenen Situation der Verkaufswillige seine Wohnungen verkaufen.

Im Fall von Patenten wäre es insofern sinnvoll, Gebrauch von den vertraglichen Gestaltungsmöglichkeiten laut §749 II und III zu machen.
 

gastII

SILBER - Mitglied
Das gelbe U schrieb:
gastII schrieb:
grond schrieb:
Mehrere Patentinhaber bilden eine Bruchteilsgemeinschaft, die einschlägigen Vorschriften stehen in 741ff. und 1008ff. BGB.

Jeder Inhaber darf gesondert über seinen Anteil bestimmen (§747 S. 1 BGB), also könnte A lizenzieren
nicht ohne Zustimmung von B (747 S2). Es bleibt also nur der Verkauf.
Das ist falsch, grond liegt richtig. BGB §747 S2 ist die falsche Adresse für die Lizenzierung - für den Verkauf allerdings ist BGB §747 S2 einschlägig.
Die Lizensierung eines Schutzrechts ist eine Verfügung über dieses in seiner Gesamtheit, die selbstverständlich der Zustimmung aller Inhaber bedarf.
 

grond

*** KT-HERO ***
gastII schrieb:
Die Lizensierung eines Schutzrechts ist eine Verfügung über dieses in seiner Gesamtheit, die selbstverständlich der Zustimmung aller Inhaber bedarf.
Nein, das ist eben falsch. Jeder Bruchteilseigner darf seinen Anteil nutzen. Das Patent gewährt den Inhabern ein Verbietungsrecht gegenüber Dritten, das kann jeder Bruchteilseigner gesondert wegen §1011 BGB geltend machen. Oder diese Geltendmachung zum Gegenstand von Verträgen machen, was in der verbreitetsten Form gemeinhin als "Lizenz" bekannt ist. Den weiteren Bruchteilseignern steht lediglich über §743 I BGB ein Ausgleichsanspruch zu. §743 II BGB steht der Lizenzvergabe nicht entgegen, weil die Möglichkeit der weiteren Bruchteilseigner, das Patent zu nutzen, rechtlich (!) nicht beeinträchtigt wird (das Patent "verbraucht" sich ja durch die Lizenzvergabe nicht). Etwas anderes ist es bei einer Exklusivlizenz. Diese kann nur von allen Bruchteilseignern gemeinsam eingeräumt werden.

Im übrigen müsste diese gesamte Problematik auch dadurch einfach umgangen werden können, dass der BGH ja auch einer BGB-Gesellschaft die Fähigkeit zum Innehaben von Rechten und somit die Möglichkeit, Patentanmelderin und -inhaberin zu sein, eingeräumt hat. Insofern sollten Müller und Meier sich in versöhnlichen Zeiten lieber nicht als zwei Inhaber eintragen lassen, sondern eine Müller-Meier Patentverwertungs GbR gründen. Dann bedarf es nicht einmal einer vertraglichen Bestimmung über die Aufhebung der Bruchteilsgemeinschaft, die GbR kann durch formlosen Vertrag begründet werden. Die Verfügungsrechte in der GbR sollten jedoch klar (und in schriftlicher Form) geregelt werden.
 

Das gelbe U

*** KT-HERO ***
grond schrieb:
Das gelbe U schrieb:
für den Verkauf allerdings ist BGB §747 S2 einschlägig.
Wieso? Der Anteilsinhaber kann seinen Anteil verkaufen (§747 S.1). Außerdem gesteht §749 I jedem das Recht zu, die Aufhebung der Gemeinschaft zu fordern. Und zwar ohne jede Voraussetzung. Einer Zustimmung des B bedarf es also auch zum Verkauf des Ganzen nicht.
Das galt für die ursprüngliche Frage dieses Fadens nach Übertragung des Patentes an einen Dritten (bspw. C) und nicht für den Bruchteil des A.
 

corvinus

SILBER - Mitglied
@das gelbe U: na ja das mit Deinem Kommentar zu den RAs vorhin: die Angelegenheit wurde damals auch von der uns dabei beistehenden Rechtsabteilung eines großen deutschen Konzerns geprüft (du weißt schon welchen ich meine...)
 

Das gelbe U

*** KT-HERO ***
Ahhh, fein. Stimmt. Nachsehen im Vertragswerk bildet: Das nennt sich dann Lohnfertigung und Vertrieb im Namen von und für den Teilhaber, der Vertragspartner ist - so kompliziert ist der Vertrag nicht. Man muss eben nur unter den §743II kommen und die Sache ist gelaufen. Solange der andere Teilhaber seine Klappe nicht aufmacht bekommt er keinen Cent.
 

grond

*** KT-HERO ***
gastII schrieb:
Anderer Anischt: Benkard PatG, §6 Rz 35e (mwN), Busse PatG, §6 (mwN)
Mh, Kommentar sticht Gedächtnis. Bei näherem Überlegen musst Du auch recht haben. Immerhin ist es schwer vorstellbar, dass B das Patent nicht gegenüber dem Lizenznehmer C, der seine Lizenz von A hätte, durchsetzen dürfte. Dann wäre B durch den zwischen A und C geschlossenen Vertrag gebunden, was nicht sein kann, ohne dass A über das gesamte Patent hätte verfügen dürfen.

Die Lizenzproblematik könnte man faktisch, wie von "das gelbe U" angedeutet, sicherlich durch phantasievolle Vertragskonstruktionen umgehen. Z.B. Übertragung der Inhaberschaft mit auf die Laufzeit des Patents verteilter Ratenzahlung und Rückkaufoption für den A bzw. Angebotspflicht des kaufenden C zum Ende jeden Jahres oder so, wobei der Preis für den Rückkauf den ausstehenden Raten entspräche. Dabei wäre dann fraglich, ob A das mehr als einmal machen könnte, was er bei einem gewöhnlichen Lizenzieren ja könnte. Das ginge dann, wenn A seinen Anteil in kleine Scheibchen aufteilen dürfte. Nächstes kniffliges Rechtsproblem... :)
 
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