Kostenreduzierung: Streichung von Ansprüchen bei einer Euro-PCT

Kurt

*** KT-HERO ***
Hi Forum,

ich hätte da eben gerne mal wieder ein aktuelles Problem.

Angenommen, eine internationale Patentanmeldung hätte Massen von Ansprüchen, die bei der EP-Regionalisierung zu hohen Anspruchsgebühren führen.

Mal ganz ins Unreine gedacht, dass man deswegen die Hälfte oder zwei Drittel der Ansprüche streicht, um sich so einen Teil der Anspruchsgebühren zu sparen:

a) Wann müssten diese Ansprüche spätestens gestrichen werden (ich nehme an beim Eintritt in die nationale Phase)

b) Muss man auch die zugehörigen Teile in der Beschreibung streichen (ich nehme an, nein)

c) Kann man ein paar von den gestrichenen Ansprüchen später wieder aus dem Hut zaubern, beispielsweise im Einspruchsverfahren anhand der Beschreibung (ich nehme an ja)

d) oder ist das alles totaler Quark.

Vielen Dank schonmal für alle Meinungen,

Grüße Kurt
 

union

*** KT-HERO ***
Kurt schrieb:
a) Wann müssten diese Ansprüche spätestens gestrichen werden (ich nehme an beim Eintritt in die nationale Phase)

b) Muss man auch die zugehörigen Teile in der Beschreibung streichen (ich nehme an, nein)

c) Kann man ein paar von den gestrichenen Ansprüchen später wieder aus dem Hut zaubern, beispielsweise im Einspruchsverfahren anhand der Beschreibung (ich nehme an ja)
a) Um definitiv die Anspruchsgebühren zu sparen, sollten diese bei Regionalisierung nicht gezahlt werden. Spätestens auf die Mitteilung nach Regel 161/162 (diese kommt vor dem ersten Bescheid) musst Du dann den gekürzten Anspruchssatz einreichen und gleichzeitig die Gebühren dafür zahlen (natürlich nur, wenn noch mehr als 15 Ansprüche übrig geblieben sind).

b) Wahrscheinlich wirst Du spätestens kurz vor Erteilung (71(3)) aufgefordert, zumindest die nicht mehr beanspruchten unabhängigen Gegenstände aus der Beschreibung zu streichen (oder so umzuformulieren, dass diese nicht mehr zur Erfindung gehörig gekennzeichnet sind).

c) Im Einspruch kannst Du immer auf alles aus den ursprünglichen Unterlagen (hier PCT Anmeldung) zurückgreifen. Also auch auf die Ansprüche der PCT Anmeldung.
 

grond

*** KT-HERO ***
union schrieb:
b) Wahrscheinlich wirst Du spätestens kurz vor Erteilung (71(3)) aufgefordert, zumindest die nicht mehr beanspruchten unabhängigen Gegenstände aus der Beschreibung zu streichen (oder so umzuformulieren, dass diese nicht mehr zur Erfindung gehörig gekennzeichnet sind).
Das dann aber nur unter dem Gesichtspunkt der Klarheit (gilt also immer), mit den nicht gezahlten Anspruchsgebühren hätte das nichts zu tun. Das Nichtentrichten einer Anspruchsgebühre führt lediglich dazu, dass der Anspruch entfällt, ist aber kein Verzicht auf einen Gegenstand.
 

Kurt

*** KT-HERO ***
Hallo zusammen und nochmal hierzu:

Angenommen, eine internationale Patentanmeldung hätte Massen von Ansprüchen, die bei der EP-Regionalisierung zu hohen Anspruchsgebühren führen.

Mal ganz ins Unreine gedacht, dass man deswegen die Hälfte oder zwei Drittel der Ansprüche streicht, um sich so einen Teil der Anspruchsgebühren zu sparen

Spricht eigentlich etwas dagegen, alle gestrichenen Ansprüche (z.B. 7-21, 23 und 27-36), oder sogar alle ursprünglichen Ansprüche (z.B. 1-36) in die Beschreibung zu kopieren, wenn in die regionale Phase vor dem EPA eingetreten wird?

Auf diese Weise geht keine Offenbarung verloren und es kann jederzeit auf alle ursprünglichen Ansprüche zurückgegriffen werden, um bei Bedarf konkretisierte Ansprüche zu formulieren.

Danke für Meinungen hierzu!
 

Pat-Ente

*** KT-HERO ***
Es spricht nichts dagegen, ausser dass das EPA (jedenfalls neuerdings) vor Erteilung verlangt, dass anspruchsartige Anhängsel an die Beschreibung gelöscht werden müssen, um Unklarheiten bei eventuellen Abweichungen vom zu erteilenden Anspruchswortlaut zu vermeiden.


Notwendig ist es aber m.E. auch nicht, da die ursprüngliche Offenbarung vom Inhalt der PCT-Anmeldung bestimmt wird. Dieser ändert sich ja nicht, so dass bei Bedarf (z.B. im Einspruch) darauf zurückgegriffen werden kann. (NB: beim Einreichen einer Teilanmeldung mit neuen Ansprüchen kann es sich hingegen sehr empfehlen, die ursprünglichen Ansprüche in die Beschreibung zu kopieren)
 

Asdevi

*** KT-HERO ***
Notwendig ist es aber m.E. auch nicht, da die ursprüngliche Offenbarung vom Inhalt der PCT-Anmeldung bestimmt wird. Dieser ändert sich ja nicht, so dass bei Bedarf (z.B. im Einspruch) darauf zurückgegriffen werden kann. (NB: beim Einreichen einer Teilanmeldung mit neuen Ansprüchen kann es sich hingegen sehr empfehlen, die ursprünglichen Ansprüche in die Beschreibung zu kopieren)

Vorsicht, das kann gerade im Einspruch schiefgehen!

Ich finde zwar keine Rechtsgrundlage für diese Praxis, aber zur Sicherheit sollte man die Ansprüche in die Beschreibung aufnehmen, falls sie da nicht schon drin stehen (oft ist der Zusammenfassungs-Teil am Anfang eine Reproduktion der ursprünglichen Ansprüche im Fließtext). Die paar Euro Seitengebühr kann der Mandant sicher verschmerzen. Zur Not Schriftgröße 9 und Seitenränder auf Minimum.
 

Kurt

*** KT-HERO ***
Danke euch, sehr hilfreich.

Notwendig ist es aber m.E. auch nicht, da die ursprüngliche Offenbarung vom Inhalt der PCT-Anmeldung bestimmt wird. Dieser ändert sich ja nicht, so dass bei Bedarf (z.B. im Einspruch) darauf zurückgegriffen werden kann. (NB: beim Einreichen einer Teilanmeldung mit neuen Ansprüchen kann es sich hingegen sehr empfehlen, die ursprünglichen Ansprüche in die Beschreibung zu kopieren)
Dito wohl auch für den abgewandelten Fall, dass die europäische Patentanmeldung eine prioritätsgestützte Nachanmeldung einer deutschen Voranmeldung sei -- da (auch) dann der Offenbarungsgehalt der Nachanmeldung gilt und nicht derjenige der Prioritätsanmeldung.

In diesem Fall würde ich also schließen, dass das Herunterstreichen der Ansprüche auf 15 und die gleichzeitige Aufnahme aller Ansprüche der Prioanmeldung in die Beschreibung eine geeignete Herangehensweise zur Gebührenreduzierung ist.
 
Zuletzt bearbeitet:

Pat-Ente

*** KT-HERO ***
Klar; der Offenbarungsgehalt der Prioanmeldung bestimmt ja nur :p den Umfang des früheren Zeitrangs.



Deshalb sollten die Ansprüche der Prioanmeldung schon von Anfang an in der (PCT) Nachanmeldung enthalten sein ;)
 

Pat-Ente

*** KT-HERO ***
@Asdevi:
Vorsicht, das kann gerade im Einspruch schiefgehen!

Ich finde zwar keine Rechtsgrundlage für diese Praxis, [...]


Mir scheint, dass der zitierte Thread da auch keine eindeutige Antwort gibt.

Eine Rechtsgrundlage, warum für Änderungen im Einspruchsverfahren Beschränkungen über Art. 123(2) / (3) hinaus gelten sollten, wäre schon hilfreich ... man könnte vielleicht argumentieren, dass das Streichen als Verzicht anzusehen wäre, der durch die Erteilung zementiert wird, aber ich halte das für spekulativ. Hat denn jemand Erfahrungen aus erster Hand?
 

Expatriot

GOLD - Mitglied
Hallo Miteinander,

nach meiner Erfahrung ist der von Asdevi zitierte Thread nicht anwendbar. Er betrifft Nichtigkeitsverfahren in DE.

Im DE Einspruch kann es sein, dass die zur Änderung herangezogenen Merkmale einerseits in der ursprünglichen Fassung enthalten sein müssen und andererseits auch in der erteilten Fassung des Patents.

Das EPA hat demgegenüber grundsätzlich kein Problem, wenn auf die ursprüngliche Fassung zurückgegriffen wird.

Das sind die Grundsätze, Ausnahmen sind möglich.

Viele Grüße,

Expatriot
 

Asdevi

*** KT-HERO ***
nach meiner Erfahrung ist der von Asdevi zitierte Thread nicht anwendbar. Er betrifft Nichtigkeitsverfahren in DE.

In dem erwähnten Thread verweise ich auf eine T-Entscheidung, in der das anders gesehen wurde. Aber ich habe da keine Erfahrung, da ich dem Problem prinzipiell ausweiche und die zusätzlichen Seiten anfüge. Ich habe nicht vor, diese Rechtsfrage unter dem Einsatz der Patente meiner Mandanten zu klären.
 

Pat-Ente

*** KT-HERO ***
Asdevi, ich nehme an, Du beziehst Dich insbesondere auf T1149/97.



Dort wird das in der Tat so gesehen, Zitat:



"6.1.12 Die Wiederaufnahme von Merkmalen, die zur Vermeidung von Übereinstimmungsmängeln in der Patentschrift vor der Erteilung entweder aus den Unterlagen gestrichen oder mit dem deutlichen Hinweis versehen wurden, daß sie sich nicht mehr auf die beanspruchte Erfindung beziehen, berührt folglich in der Regel den Schutzbereich des Patents, und zwar unabhängig davon, ob diese Merkmale in die Ansprüche aufgenommen oder wieder in die Patentschrift eingeführt werden."


Als Rechtsgrundlage dient dabei Art. 123(3) EPÜ. Damit wären meine Fragen schon mal beantwortet ;-)
 

Alfred

*** KT-HERO ***
Sollte Regel 137(5) insbesondere hinsichtlich Satz 1 nicht beachtet werden? Weiterhin wäre G 2/92 beachtet werden.

Werden die Gegenstände in die Beschreibung aufgenommen und weisen gegenüber den verbleibenden Ansprüchen nicht klar eine Einheitlichkeit auf, so können diese später nicht wieder eingeführt werden. Eine nachträgliche Recherche durch die Prüfungsabteilung wird nicht mehr durchgeführt. Da keine Aufforderung nach Regel 64 ergehen wird, können auch keine weiteren Recherchengebühren entrichtet werden.

Zudem müssten sichergestellt werden, dass der Mandat auch weitere unabhängige Ansprüche, sei es derselben oder einer anderen Kategorie, in den Anspruchssatz aufgenommen wird, da dieser nach R 137(5) S.1 kein Recht hat, es später wiedereinzuführen.
 

Fip

*** KT-HERO ***
Meiner Meinung nach können im Laufe des Erteilungsverfahrens alle Änderungen, die R 137 (5) EPÜ genügen, also sich auf recherchierte Ansprüche beziehen und mit der ursprünglich beanspruchten Erfindung oder Gruppe von Erfindungen durch eine einzige allgemeine erfinderische Idee verbunden sind, wieder eingeführt werden, sofern nicht R 162 (4) EPÜ greift, egal ob die Ansprüche in der Beschreibung stehen oder nicht. Genügen die Änderungen diesen Anforderungen nicht, können Sie auch nicht wieder eingeführt werden. Ist aber auch immer ein bisschen Prüferermessen.



Zur "Aushebelung" der R 162 (4) EPÜ sollte vor Ablauf der R161/162 EPÜ Frist ein Anspruchsatz eingereicht werden, der nur Ansprüche enthält, für die entweder keine Gebühren fällig werden (Ansprüche 1-15) oder für die tatsächlich auch Anspruchsgebühren gezahlt werden (Ansprüche 16 ff.). Alle weiteren Ansprüche sollten zumindest vorläufig rausgenommen werden, damit zum Zeitpunkt des Ablaufs der R161/162 Frist keine Ansprüche in den dem europäischen Erteilungsverfahren zugrunde zu legenden Unterlagen enthalten sind, für die die Verzichtsfiktion eintritt.
 

Alfred

*** KT-HERO ***
Meiner Meinung nach können im Laufe des Erteilungsverfahrens alle Änderungen, die R 137 (5) EPÜ genügen, also sich auf recherchierte Ansprüche beziehen und mit der ursprünglich beanspruchten Erfindung oder Gruppe von Erfindungen durch eine einzige allgemeine erfinderische Idee verbunden sind, wieder eingeführt werden, sofern nicht R 162 (4) EPÜ greift, egal ob die Ansprüche in der Beschreibung stehen oder nicht. Genügen die Änderungen diesen Anforderungen nicht, können Sie auch nicht wieder eingeführt werden. Ist aber auch immer ein bisschen Prüferermessen.

Die Einheitlichkeit wurde in meinem letzten Post angesprochen. Wenn unabhängige Ansprüche der gleichen Kategorie gestrichen werden, besteht die Gefahr, dass der Prüfer der Prüfungsabteilung diese später nicht mehr berücksichtigen muss.

Hinsichtlich der Aussage "sofern nicht R 162 (4) EPÜ greift, egal ob die Ansprüche in der Beschreibung stehen oder nicht" bin ich eher skeptisch. Sofern die Gegenstände in der Beschreibung gewesen waren als R 162(4) gegriffen hat, sollte es kein Problem darstellen.
 
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