BGH Richter

Fip

*** KT-HERO ***
Einige ehemalige (vorsitzende) Richter einer Patentstreitkammer eines Landgerichts sind zwischenzeitlich Richter am Patentsenat des Bundesgerichtshofs geworden.

In dem Zusammenhang stellt sich die Frage, was eigentlich in den Rechtstreitigkeiten passiert, in denen ein solcher BGH Richter als Richter beim LG in derselben Sache schon entscheiden hatte.

Ich war mir immer sicher, dass ein Richter dann von Gesetzes wegen ausgeschlossen ist (§ 41 Nr.6 ZPO), wegen Befangenheit nicht mitwirken kann oder sich zumindest selbst für befangen erklärt.

Wie soll er unvoreingenommen sein, wenn er sich in der ersten Instanz schon mal eine abschließende Meinung gebildet hat? Wäre es nicht menschlich, wenn er sich - sollte sein Urteil in der Berfungsinstanz aufgehoben worden sein - geneigt fühlen würde, sein erstinstanzliches Urteil wieder herzustellen? Oder wenn es ihm innerlich widerstrebte, sein eigenes Urteil nachträglich aufzuheben, sollte er in der Berufungsintanz bestätigt worden sein?

Aber der BGH hat mich eines Besseren belehrt (BGH X ZR 61/07).

http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=12288&client=3&nr=50679&pos=8&anz=598

Also, auch wenn es dem strengen Gesetzeswortlaut nach vertretbar ist, was der BGH da entschieden hat, ich finde das befremdlich. Die Richter unterstellen sich selbst ein unmenschliches Maß an Professionalität, und dass, wo der Richter an sich doch nicht gerade selten und schon von Berufs wegen immer Recht haben muss.

Was mich noch mehr wundert, ist, dass der Richter, um den es geht, über den seine eigene Person betreffenden Beschluss sogar noch mit abstimmt.
 

grond

*** KT-HERO ***
Ein wirklich faszinierendes Stück Rechtsprechung. Ich kann mich nicht des Eindrucks erwehren, dass hier einem praktischen Problem aus dem Weg gegangen werden soll: so wahnsinnig viele Richter, die Aussichten auf die Berufung zum BGH haben, gibt es nicht. Und die Verfahren dauern. Das irgendwann ein solcher Fall auftreten muss, war eine Zeitfrage, und es wird wieder passieren.

Die juristische Argumentation halte ich für sehr zweifelhaft: was war denn Sinn der Bestimmung? Sonst ist man ja auch nicht zu faul, nach dem Willen des Gesetzgebers zu forschen. Dass kein Raum für Auslegung ist, wenn es eine explizite Regelung gibt, ist klar. Aber in Abwesenheit einer solchen? Nur weil es in einer Lex Specialis eine weitere Formulierung gibt, liegt auf der Hand, dass der Gesetzgeber selbiges woanders gerade NICHT wollte?

Meine Meinung: der Gesetzgeber hat schlicht nicht an einen Karrieresprung gedacht, sondern nur das Bild des jüngst ans nächsthöhere Gericht beförderten Richters gesehen, der prompt wieder mit demselben Fall befasst wird. Verhindern wollte er jedoch eine zweimalige Befassung desselben Richters mit demselben Gegenstand, um Befangenheit auszuschließen.
 

MPS

GOLD - Mitglied
Hat mit dem Thema nur indirekt was zu tun, aber ich kann mir diese Bemerkung nicht verkneifen :
Es hat mich immer erstaunt, dass ein gewisser BGH-Senat in manchen Entscheidungen sich auf die "herrschende Meinung" bezieht und dazu als einzigen Literaurverweis ein Buch angibt, das von einem Richter, der an besagter Entscheidung mitwirkt, verfasst worden ist.
 

grond

*** KT-HERO ***
MPS schrieb:
Es hat mich immer erstaunt, dass ein gewisser BGH-Senat in manchen Entscheidungen sich auf die "herrschende Meinung" bezieht und dazu als einzigen Literaurverweis ein Buch angibt, das von einem Richter, der an besagter Entscheidung mitwirkt, verfasst worden ist.
Hehe, man könnte zynisch sagen, dass die Meinung eines BGH-Richters ja auch herrscht. Immerhin haben die das letzte Wort, wenn ihnen nicht ausgerechnet mal das verhasste BVerfG dazwischen funkt. Wenn es nicht so eine gruselige Aussicht wäre, müsste man sich schon deshalb eine Harmonisierung des EU-Patentrechtes wünschen, damit die hohen Herren plötzlich den EuGH über sich wissen...
 
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