Freedom-to-Operate

biologe

Vielschreiber
Hat jemand Erfahrungen mit Patentämtern (z.B. UK??), die dies als Dienstleistung anbieten? Oder kennt jemand eine gute Quelle für erste Recherche als Grundlage für eine FTO?
 

mouchard

Schreiber
Ich kann die Expertensuche bei Depatis-net empfehlen.

Die Suchfunktionen des espacenet finde ich nicht so komfortabel.
 

Primzi

GOLD - Mitglied
FTO gehören zur schwierigsten Aufgaben unseres Berufes.

Um zu wissen ob ein (geplantes) Produkt "verletzungsfrei" ist, muss man Territorium, Erteilte Patente, und noch nicht erteilte Anmeldungen, deren Gültigkeit/Patentfähigkeit und Schutzumfang (z.B Equvalente) ins Kauf nehmen.

Wir haben es mit Dänischen Patentamt versucht aber das war nicht ausreichend. Das beste ist in-house Recherche in üblichen Datenbanken (WPI, CA, IMPADEX (je nach gebiet) aber oft auch Full-text).

Die Arbeitsweise geht ungefähr so:

Du hast dein Prototyp, und macht eine Recherche nach dem SdT und wenn du Patente findest, schaust du im Register ob die in Kraft sind in recherchierst du weiter ob eine Nichtigkeitsklage oder Einspruch möglich wäre. Auch die Schutzschrifte, die nicht gerade dein Prototyp decken prüfst du auf "Doctrine of Equivalents" (gemäss der Gerichtpraxis des Landes)

Am Ende hast do eine Analyse mit What-if Szenarien die sich wesentlich unterscheiden von Territorium zum Territorium.
 

EK

*** KT-HERO ***
Primzi schrieb:
Die Arbeitsweise geht ungefähr so:

Du hast dein Prototyp, und macht eine Recherche nach dem SdT ...
???

Bei FTO interessiert doch der "Stand der Technik" überhaupt nicht!

Das ist doch gerade der Knackpunkt bei einer FTO-Recherche. Die ist seriös nämlich überhaupt nicht durchführbar.

Andere Meinungen & Kommentare dazu???
 

union

*** KT-HERO ***
EK schrieb:
Das ist doch gerade der Knackpunkt bei einer FTO-Recherche. Die ist seriös nämlich überhaupt nicht durchführbar.

Andere Meinungen & Kommentare dazu???
Da musst Du genauer erläutern, was Du mit "seriös" meinst.

Zum Beispiel könnte das Ergebnis einer seriösen FTO doch sein, dass es Schutzrechte gibt, die verletzt würden, sollte der Prototyp auf den Markt gebracht werden.

Sollten hingegen keine entgegenstehenden Schutzrechte gefunden worden sein, so wäre meiner Meinung nach eine FTO immer noch seriös, wenn sie einen entsprechenden Hinweis auf das Risiko beinhaltet, dass dennoch solche Schutzrechte existieren können. Je nach Aufwand, der für die FTO getrieben wurde, könnte hierzu für weitere Entscheidungen ein prozentuales Risiko geschätzt werden.
 

PAPA

GOLD - Mitglied
Bei FTO interessiert doch der "Stand der Technik" überhaupt nicht!
Also ich hatte schon mindestens ein FTO-Gutachten, bei dem der Stand der Technik, und zwar der freie Stand der Technik (Veröffentlichung vor > 20 Jahren) von größter Bedeutung war.
 

EK

*** KT-HERO ***
PAPA schrieb:
Bei FTO interessiert doch der "Stand der Technik" überhaupt nicht!
Also ich hatte schon mindestens ein FTO-Gutachten, bei dem der Stand der Technik, und zwar der freie Stand der Technik (Veröffentlichung vor > 20 Jahren) von größter Bedeutung war.
Wenn man diesen Ansatz verfolgt, ist das völlig richtig. PRIMZI meinte jedoch nicht den "freien" Stand der Technik.
 

EK

*** KT-HERO ***
union schrieb:
EK schrieb:
Das ist doch gerade der Knackpunkt bei einer FTO-Recherche. Die ist seriös nämlich überhaupt nicht durchführbar.

Andere Meinungen & Kommentare dazu???
Da musst Du genauer erläutern, was Du mit "seriös" meinst.

Zum Beispiel könnte das Ergebnis einer seriösen FTO doch sein, dass es Schutzrechte gibt, die verletzt würden, sollte der Prototyp auf den Markt gebracht werden.

Sollten hingegen keine entgegenstehenden Schutzrechte gefunden worden sein, so wäre meiner Meinung nach eine FTO immer noch seriös, wenn sie einen entsprechenden Hinweis auf das Risiko beinhaltet, dass dennoch solche Schutzrechte existieren können. Je nach Aufwand, der für die FTO getrieben wurde, könnte hierzu für weitere Entscheidungen ein prozentuales Risiko geschätzt werden.
Die "Seriosität" bestimmt sich danach, wie man Mandanten so eine Dienstleistung verkauft. Mir ist klar, daß FTO seit einiger Zeit verstärkt in Mode ist (genauso wie "monetäre Patentbewertung"; wobei das noch eine ganz andere Kategorie ist und - zumindest nach meinen Erfahrungen - oftmals an Scharlatanerie grenzt).

Wenn Du im Zuge einer FTO Schutzrechte findest, die Dein Mandant verletzt, ist ja alles in Ordnung. Aber wie oft ist das der Fall?

Der Mandant will üblicherweise eine fundierte Basis für seine zumeist nicht unerheblichen Investitionsentscheidungen und kann bei erfolgloser Recherche mit dem anwaltlichen Hinweis auf das "Restrisiko" überhaupt nichts anfangen. Daher halte ich das Verkaufen von FTO-Analysen nach dem Motto "Mandant in Not - Geld in Sicht" für im höchsten Maße fragwürdig.

Hoffe, daß jetzt etwas präziser rübergekommen ist, was ich meinte.
 

union

*** KT-HERO ***
EK schrieb:
Der Mandant will üblicherweise eine fundierte Basis für seine zumeist nicht unerheblichen Investitionsentscheidungen und kann bei erfolgloser Recherche mit dem anwaltlichen Hinweis auf das "Restrisiko" überhaupt nichts anfangen.
Meines Wissens basieren unternehmerische Entscheidungen in den seltensten Fällen auf 100%-iger Sicherheit.

Die Mandanten sollten generell somit sehr wohl was mit Wahrscheinlichkeiten, Chancen und Risiken anfangen können, auch bzw. gerade bei erheblichen Investitionen.

Und auch wenn ein Hinweis auf ein Restrisiko beim Mandanten auf Unverständnis stößt, so hat man damit aber eben gerade nicht etwas Unseriöses geliefert. Die Gründe für das Weiterbestehen eines Restrisiko lassen sich doch bei Bedarf jedem Nichtpatentfachmann schnell erklären.
 

EK

*** KT-HERO ***
union schrieb:
EK schrieb:
Der Mandant will üblicherweise eine fundierte Basis für seine zumeist nicht unerheblichen Investitionsentscheidungen und kann bei erfolgloser Recherche mit dem anwaltlichen Hinweis auf das "Restrisiko" überhaupt nichts anfangen.
Meines Wissens basieren unternehmerische Entscheidungen in den seltensten Fällen auf 100%-iger Sicherheit.

Die Mandanten sollten generell somit sehr wohl was mit Wahrscheinlichkeiten, Chancen und Risiken anfangen können, auch bzw. gerade bei erheblichen Investitionen.

Und auch wenn ein Hinweis auf ein Restrisiko beim Mandanten auf Unverständnis stößt, so hat man damit aber eben gerade nicht etwas Unseriöses geliefert. Die Gründe für das Weiterbestehen eines Restrisiko lassen sich doch bei Bedarf jedem Nichtpatentfachmann schnell erklären.
Es gibt halt solche und solche Mandanten. Und das gilt wohl auch für Anwälte. So möchte ich mit Friedrich II. schließen: "... den hier
mus ein jeder nach Seiner Faßon Selich werden".
 

ppa

GOLD - Mitglied
seriös geht nur folgendes:

du einigst dich mit deinem mandanten vorab auf folgendes:

du gibst eine recherche bei einem rechercheur in auftrag,
also auf schutzrechte mit wirkung für das jeweilige land, mit rechtsstandüberprüfung,
und deine anwaltliche Arbeit betrifft nur die auswertung der vom rechercheur ermittelten Schutzrechte .

das ist kein haftungsaussschluss, sondern eine vereinbarung, was überhaupt deine anwaltliche tätigkeit umfasst.

und fuer die auswertung haftest du dann (ggf mit vereinbarter haftungsbegrenzung auf deine haftpflichtversicherungssumme, aber das verinbaren die meisten nicht, da eh die 2 mio kaum erreicht werden).

du haftest somit nicht dafuer, dass der rechercheur irgendein schutzrecht nicht gefunden hat.

das machen die meisten kanzleien, die ich kenne, so.

ansonsten hast du immer ein unüberschaubares haftungsproblem !!!

du kannst doch gar nicht ausschliessen, dass der prototyp wegen irgendeinem aspekt irgendein schutzrecht verleztt.
vielleicht nicht wegen der von dir betrachteten neuen gelenkaufhängung, sondern wegen der Datenübertragung, herstellung seiner wand, material, und und und

das kannst du gar nicht ausschliessen.
 

EK

*** KT-HERO ***
ppa schrieb:
du kannst doch gar nicht ausschliessen, dass der prototyp wegen irgendeinem aspekt irgendein schutzrecht verleztt.
vielleicht nicht wegen der von dir betrachteten neuen gelenkaufhängung, sondern wegen der Datenübertragung, herstellung seiner wand, material, und und und

das kannst du gar nicht ausschliessen.
Das ist genau das, was ich meine. Man KANN eine vollständige FTO-Recherche gar nicht durchführen. Das ist UNMÖGLICH!

Der Mandant erhält aber die Information "FTO durchgeführt, nichts gefunden, Restrisiko bleibt" und darf dafür mal richtig kräftig löhnen.

Oh Mann ... vielleicht sollte ich das zukünftig auch so machen ...
 

union

*** KT-HERO ***
EK schrieb:
Das ist genau das, was ich meine. Man KANN eine vollständige FTO-Recherche gar nicht durchführen. Das ist UNMÖGLICH!
Aber ist Dir noch nie aufgefallen, dass diese Aussage nicht nur für FTO Recherchen, sondern für fast alles gilt, was Du als Patentanwalt lieferst?

Oder bist Du tatsächlich der Meinung, Du könntest abschließend beurteilen, ob etwas neu ist? oder gar erfinderisch? Oder klar, einheitlich, ursprünglich offenbart? Auch da gibt's immer ein Restrisiko.

Der einzige Unterschied ist, dass es bei einer FTO Analyse potentiell einen sehr viel höheren und auch noch bemessbaren Schaden gibt.

"Vollständige" Arbeiten gibt's jedenfall meiner Meinung nach in der Juristerei nie. Aber diese Tatsache alleine macht eine Arbeit nicht unseriös, sofern dem Mandanten nichts anderes vorgegaukelt wird.
 

PatFragen

*** KT-HERO ***
Hallo,
etwas irritiert mich das ganze hier. Ich dachte hier treiben sich hauptsächlich Naturwissenschaftler und Techniker rum ;-). Man sollte immer etwas die Erkenntnistheorie im Auge behalten ;-). Ohne Annahmen geht im keinen Gebiet etwas zu "beweisen". Das ist selbst in der Mathematik so. Ob man das nun Annahmen, Axiome oder Theoreme nennt ist recht egal ;-). In der realen Welt (lassen wir hierbei mal die Mathematik außen vor ;-) ) kann man Aussagen prinzipiell nur falsifizieren. Beispielsweise ist es prinzipiell möglich den Nachweis zu treffen, dass ein Gegenstand eines Anspruches nicht neu ist, weil es ist prinzipiell möglich ein neuheitsschädliches Dokument zu finden. Der umgekehrte Beweis ist prinzipiell unmöglich, weil dann alle theoretisch möglichen Dokumente, Offenbarungen und einfach alles berücksichtigt werden müsste und das müsste dann auch noch bewiesen sein, dass man alle möglichen Offenbarungen, die theoretisch möglich sind, berücksichtigt hat. Das ist prinzipell unmöglich. Das sollte man sich immer vor Augen halten.
Ein plakatives Beispiel aus einem anderen Gebiet:
Es ist prinzipiell unmöglich zu beweisen, dass die Dinosaurier auf der Erde ausgestorben sind ;-). Dazu müsste man die gesamte Welt (Land, Wasser, selbst in der Erde) gleichzeitig durchsuchen und das auf allen Größenskalen. Aber man könnte beweisen, dass es sie noch gäbe, nämlich wenn man ein einziges Exemplar findet.
Also vielleicht einfach mal vor Augen halten: Was hier gerade der FTO Analyse vorgeworfen wird (nämlich dass die Aussage, dass man nicht verletzt, nicht "sicher" sei), ist in allen Bereichen des täglichen Lebens so. Es gibt nie Sicherheit.
Und eine FTO Analyse hat sehr wohl einen Sinn für den Auftraggeber. Einerseits kann es dazu kommen, dass man klar sagen kann, dass das Produkt die Patente X, Y, Z verletzen wird. Andererseits kann man die Wahrscheinlichkeit für eine Patentverletzung deutlich reduzieren und, wenn ich mich nicht sehr täusche, in den USA auch deutlich die Schadensersatzansprüche reduzieren ;-).
 

ppa

GOLD - Mitglied
union schrieb:
EK schrieb:
Das ist genau das, was ich meine. Man KANN eine vollständige FTO-Recherche gar nicht durchführen. Das ist UNMÖGLICH!
Aber ist Dir noch nie aufgefallen, dass diese Aussage nicht nur für FTO Recherchen, sondern für fast alles gilt, was Du als Patentanwalt lieferst?

Oder bist Du tatsächlich der Meinung, Du könntest abschließend beurteilen, ob etwas neu ist? oder gar erfinderisch? Oder klar, einheitlich, ursprünglich offenbart? Auch da gibt's immer ein Restrisiko.

Der einzige Unterschied ist, dass es bei einer FTO Analyse potentiell einen sehr viel höheren und auch noch bemessbaren Schaden gibt.

"Vollständige" Arbeiten gibt's jedenfall meiner Meinung nach in der Juristerei nie. Aber diese Tatsache alleine macht eine Arbeit nicht unseriös, sofern dem Mandanten nichts anderes vorgegaukelt wird.
natürlich gibt es in diesem sinne nie absolute aussagen.
bei neuheit oder erf tät. ist dies aber auch argumentationssache für den mandanten vor dem amt

auch bei einer beurteilung einer möglichen verletzung ist dies immer eine argumentation.

das problem bei diesen fto analysen ist jedoch, dass die grundlage schon unsicher ist, nämlich das vorliegen von relevanten schutzrechten.

für meine rechtliche beurteilung, ob ein prototyp ein schutzrecht verltzt, hafte ich natürlich. wenns knapp ist, sag ich das aber auch, nämlich dass es fraglich ist und dies dies und dies für eine verltzung und das das und das dagegen spricht.

ich lehn aber ab, dafuer zu haften, dass ich alle möglichen schutzrechte ermittelt hab.
 
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