Zweite medizinische Indikation, wie jetzt - was jetzt?

A

Arnold Nühm

Guest
Eigentlich war ich immer der fröhlichen Meinung, die zweite medizinische Indikation bedeute folgendes, was ich einmal irgendwo gelesen habe:

Zweite medizinische Indikation: Die Patentierung der Verwendung einer bereits als Arzneimittel bekannten Substanz zur Behandlung einer mit dieser Substanz noch nicht behandelten Krankheit ist möglich.

Jedenfalls schien mir dies im deutschen Recht so zu sein.

Nun lese ich im Umfeld des EPÜ, dass beispielsweise gemäß G1/83 "die Verwendung der Substanz X zur Behandlung der Krankheit Y" ein medizinisches Verfahren und damit nicht patentierbar ist"

Im europäischen Recht soll die zweite medizinische Indikation stattdessen offenbar folgendermaßen definiert sein: "Verwendung der Substanz X zur Herstellung eines Medikaments für die therapeutische Anwendung Y"

Ich dachte immer, die erste medizinische Indikation besteht darin, dass jemand sich den medizinischen Einsatz eines bisher nicht als Arzneimittel genutzten Stoffes schützen lässt.

Und die zweite medizinische Indikation ist dann die Verwendung desselben Stoffes zur Behandlung einer ganz anderen Krankheit (eine von der ersten medizinischen Indikation offenbar abhängige Erfindung)

Was ist denn nun richtig, unterscheiden sich deutsches und europäisches Recht in dieser Hinsicht?

Und wo steht's anschaulich erläutert?
 
F

Fritz

Guest
Dass die Patentierung einer neuen Indikation (imPrinzip) MÖGLICH ist, sagt ja noch nichts über die konkrete Formulierung des Anspruche aus. Man hüte sich vor Allgemeinplätzchen, die sind meistens ungeniessbar. Patentämter und Gerichte kennen nur Patentansprüche, und da kann ein einziges Wort einen Riesenunterschied ausmachen.
 
A

Arnold Nühm

Guest
Ähm, das war jetzt also ein Beispiel für ein solches...

ungenießbares, bzw. nährstofffreies Allgemeinplätzchen? Das bringt den Leser inhaltlich aber nicht so richtig auf den grünen Zweig, was den fraglichen Unterschied zw. dt. und europ. Recht in der 2. Med. Indikation angeht...?
 
U

u. n. own

Guest
Eine recht gute Erläuterung dieses Themenkomplexes findest du in dem Buch von Hansen/Hirsch: Protecting inventions in chemistry, VCH Weinheim 1997 (leider meines Wissens nach aktuell vergriffen).

Kurz zusammengefasst: Nach EPA-Praxis ist ein (nicht patentfähiges) Heilverfahren bereits gegeben, wenn nur ein Schritt des Verfahrens am Menschen durchgeführt werden muss. Daher die Formulierung : "Verwendung eines Stoffes x zur Herstellung eines Medikaments...", denn die Angabe zur spezifischen Krankheit ist dann nur noch Zweckangabe, aber kein Teil des Verfahrens mehr.

In Deutschland sagt man (etwas liberaler), dass die "Verwendung des Stoffes x zur Behandlung der Krankheit y" bereits die "augenfällige Herrichtung" des Stoffes (also die Herstellung des Medikaments) umfasst.

Hoffentlich ist jetzt nicht mehr unklar als vorher!
 
A

Arnold Nühm

Guest
Danke Dir...

Ich verstehe das nach deiner kurzen, einleuchtenden Erklärung so, dass es im Prinzip wohl auf dasselbe hinausläuft, wobei man am EPA allerdings von hinten durch die Brust ins Auge formulieren muss?

Aber dass die zweite medizinische Indikation ein von der zugehörigen ersten medizinischen Indikation abhängiges Schutzrecht ergibt, trifft doch zu - oder nicht?
 
U

u. n. own

Guest
Ja, diese Abhängigkeit ist gegeben. Eine klassische Pattsituation: Der Schutzrechtsinhaber der ersten medizinischen Indikation darf dem Inhaber der zweiten verbieten, ein Medikament herzustellen. Der wiederum darf dem ersten verbieten, das Medikament für die zweite Indikation in den Handel zu bringen...
 
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