Bin ich geeignet?

M

Mark

Guest
Hallo,

ich bin 25 Jahre alt, habe mein Studium der Informatik an der TU Muenchen soeben mit einem Schnitt von 1.4 abgeschlossen. Mein Abischnitt ist genauso gut.

Momentan ueberlege ich, ob ich mich zum Patentanwalt ausbilden lassen soll. Der Grund hierfuer besteht im wesentlichen darin, dass ich nicht den ganzen Tag C++-Code hacken will. Das koennen andere besser.
Waehrend meines Studiums habe ich festgestellt, dass Programmierung eher mein Hobby als mein Beruf sein soll. Ein Interesse an technischen Fragestellungen bringe ich natuerlich trotzdem mit. Ich spiele auch mit dem Gedanken, eine halbe Promotionsstelle bei Siemens anzunehmen. Dort wuerde ich allerdings nur 1650 Euro brutto verdienen. Ich bin mir nicht sicher, ob ich fuer die Promotion geeignet bin, da man unter einem sehr starken Innovationsdruck steht. Damit meine ich, dass eine Dissertation in Informatik neue Forschungsergebnisse an den Tag bringen muss. Ausserdem habe ich bei einer Promotion keine konkreten Arbeitsanweisungen, sondern muss selbstaendig forschen um nicht zu sagen im Dunkeln tappen.

Eine Ausbildung zum Patentanwalt stelle ich mir im Gegensatz zu einer Promotion konkret und handfest vor. Was in meinem Fall noch fuer eine Ausbildung zum PA spricht, ist die Tatsache, dass ich sehr gerne formuliere und Texte verfasse. Ein grosses Interesse an Fremdsprachen im allgemeinen und perfekte Englisch- und Franzoesischkenntnisse im besonderen sind vorhanden. Wie ich mit der Juristerei zurecht komme, kann ich momentan noch nicht beurteilen.

Beim Vorstellungsgespraech in einer Patentanwaltskanzlei wurde mir ziemlich klar gesagt, dass ich mich mit dieser Ausbildung auf eine zukuenftige Taetigkeit im Patentwesen festlege. D.h. insbesondere, dass ich spaeter wohl nicht mehr in der Forschung und Entwicklung taetig sein kann.

Koennt ihr mir Tips und Ratschlaege geben? Natuerlich muss ich die Entscheidung selbst treffen, aber vielleicht kann mir ja der eine oder die andere doch noch wertvolle Denkanstoesse liefern.

Danke und viele Gruesse,
Mark
 
A

Abbrecher

Guest
Hallo Marc,

ich würde Dir empfehlen, zunächst die Promotionsstelle anzunehmen. Du bist ja noch relativ jung, so daß Du durchaus ein wenig Industrieerfahrung sammeln kannst. Was die handfeste Ausbildung bei einem Patentanwalt anbelangt, so solltest Du Dir im Klaren darüber sein, daß Du lediglich Papier produzierst, was gegenüber einem Ingenieurs-Job o.ä. in der Industrie, bei dem Du Deine Arbeit mittelbar oder unmittelbar in ein bestimmtes Produkt steckst, zuweilen recht unbefriedigend sein kann. Deswegen mein Tip: Promovieren und sich nebenbei mit der Materie Gewerblicher Rechtsschutz befassen. Vielleicht hast Du dann schon die Schn... voll und fängst erst gar nicht damit an. Anderenfalls hast Du auch nach der Promotion noch Zeit.

cu
Abbrecher
 
S

Steuersünder

Guest
Mark schrieb:
Damit meine ich, dass eine Dissertation in Informatik neue Forschungsergebnisse an den Tag bringen muss.
Um eventuelle Missverständnisse zu klären: Nicht nur in Informatik muss eine Diss neue Forschungsergebnisse liefern.

Das ist eine Hauptforderung in allen Fächern - außer Medizin vielleicht (dort Stichwort historische Diss; ist aber ab und zu vielleicht auch mal was "Neues" dabei; lasse mich aber auch gerne belehren, dass es anders sei).
 
H

Hanno

Guest
Das ist jetzt nicht arrogant gemeint (was ja hier ein oft mit leichter Hand hingeworfener Vorwurf ist), sondern soll ein guter Rat sein :
wenn du "konkrete Arbeitsanweisungen" brauchst um "nicht im Dunkeln zu tappen", wenn du eine "konkrete und handfeste Tätigkeit" suchst und glaubst "keinem starken Innovationsdruck" standzuhalten, dann erspare dir doch die Enttäuschung mit der Patentanwaltsausbildung.
Nix von dem, was du schreibst, lässt erkennen dass du an diesem Beruf Freude finden wirst. Es gibt kaum unhandfesteres als Juristerei ! Und wenn Du als PA ein Patent schreibst, weisst Du ungefähr in 4 Jahren, ob das Patent erteilt wird. Die Zeitkonstante des feedbacks ist also unheimlich lang. Wenn Dich da schon eine Promotion abschreckt, was erwartest du dann von 40 Jahren Tätigkeit im Patentwesen ?
 
M

MynonA

Guest
Steuersünder schrieb:
Das ist eine Hauptforderung in allen Fächern...
...deren Durchsetzung aber von Bildungsinstitut zu Bildungsinstitut durchaus unterschiedlich gehandhabt werden kann.

Wenn man auf 100 Seiten Beschreibung zurückgreifen kann und zudem keine ernsthafte Recherche/Prüfung befürchten muß (welcher Prof hat schon Überblick über das gesamte Gebiet?), dann dürfte es doch halbwegs einfach sein, Neuheit herzustellen ;o)

Gruß,

M.
 
S

Steuersünder

Guest
MynonA schrieb:
...deren Durchsetzung aber von Bildungsinstitut zu Bildungsinstitut durchaus unterschiedlich gehandhabt werden kann.
Zugegebenermaßen und leider, ja.

MynonA schrieb:
Wenn man auf 100 Seiten Beschreibung zurückgreifen kann und zudem keine ernsthafte Recherche/Prüfung befürchten muß (welcher Prof hat schon Überblick über das gesamte Gebiet?), dann dürfte es doch halbwegs einfach sein, Neuheit herzustellen ;o)
Das ist eine hübsche Analogie, ich muß schon sagen.

Aber ich fürchte ja doch (bei den Profs, die ich so kenne, zumindest), daß ein Prof sich verdammt gut auf seinem Gebiet auskennt. Und nur dieses betreut er ja hoffentlich...

Was andere Gebiete angeht allerdings: Volle Zustimmung.

Allerdings gehe ich auch in der Wissenschaft davon aus, daß es ein zweites Kriterium der "entdeckerischen Höhe" gibt, das erfüllt werden muß.

Wie sagte ein Prof mal etwa: "Bestätigte negative Hypothesen kommen generell nicht so gut an wie positive."

Sonst könnte man ja am einfachsten neuerweise beweisen, dass es diverse (fantasievolle) Dinge nicht gibt. Obwohl da wahrscheinlich der Herr Popper zu bemühen wäre, ob das noch wissenschaftlich ist.
 
G

GAST_DELETE

Guest
@Hanno:

Ich verstehe den Zusammenhang zwischen der Zeitdauer bis ein Patent erteilt wird und der Dauer einer Promotion nicht. Anscheinend bin ich fuer den Patentanwaltsberuf wirklich nicht intelligent genug.

Ich habe den Eindruck, dass in diesem Forum nur die negativen Seiten des Berufsbilds Patentanwalt diskutiert werden, um moeglichst viele Leute abzuschrecken. Ich wuerde es begruessen, wenn sich jemand zu Wort meldet, der die Ausbildung nicht abgebrochen hat und mit seinem Beruf zufrieden ist.
 
H

Hanno

Guest
Es geht hier nicht um Abschreckung (ich bin in diesem Beruf sehr glücklich). Mein Betreuer sagte mir beim Einstellungsgespräch : "Sie treten in diesen Beruf ein wie in einen Orden. " Das bedeutet : du kommst nie wieder raus.
Als Jurist kannst du alles mögliche machen, als PA nicht.
Und wenn du mal eine Woche lang an einer einzigen Anmeldung schreibst, die unbedingt am Vorabend eines Kongresses zum Patentamt muss, da kann es schon vorkommen, dass du abends nach Hause gehst und in der Strassenbahn merkst, dass du den ganzen Tag praktisch mit niemandem GESPROCHEN hast.
Das ist natürlich eine Extremsituation, aber diese Phasen der totalen Isolierung gibt es in anderen Berufen vielleicht weniger.
Ich habe Leute aussteigen gesehen, nach einem Jahr, 5 Jahren, und 15 Jahren, und das war keine freie Entscheidung, sondern ein Satt-haben, ein drop-out. Je später, desto schwerer.
 
S

schwarzseher

Guest
Ich kenne mehrere Patentanwälte und Kandidaten, die mit ihrer Berufswahl sehr zufrieden sind. Ich kenne aber auch mehrere Fälle, bei denen diese Berufswahl gründlich schief gelaufen ist.

Wer PA werden will, sollte schon wissen warum und wird dann sicher auch zufrieden werden, wenn er die Fähigkeiten dazu mitbringt.

Erschreckend finde ich aber eine oft praktizierte negativ-Auswahl: Nicht programmieren zu wollen, ist noch lange nicht hinreichend dafür PA zu werden. Und wer als Universitätsabsolvent nicht selbständig arbeiten kann und immer konkrete Arbeitsanweisungen braucht, ist für gar keinen akademischen Beruf geeignet - weder als PA noch sonst irgendwo.
 
E

Ede

Guest
Ach nee, das ist doch ein bischen hart, nich wahr ? "Ist für gar keinen akademischen Beruf geeignet" - der Mann hat immerhin 1,4 im Abi und Diplom. Nu drück den nich mal ganz an die Wand. Als Dipl Ing kann man ja vieles machen, jedenfall mehr als als PA.
Sonst haste ja recht, aber : nich so hart ran an die Leute (Schwarz hören und sehen - kommt teuer zu stehn).
Nix für ungut !
 
Z

Zufriedener

Guest
@Gast:

Hallo!


Kaum zu glauben, aber ich bin zufrieden mit meiner Entscheidung und habe noch nicht abgebrochen und denke auch nicht daran, dies nach nahezu zwei Jahren Ausbildung zu tun.


Bei vielen, die hier den Beruf so schlecht machen und die Schnauze so weit aufreißen sind vermutlich zum großen Teil Leute dabei, die noch nicht kennengelernt haben, wie es in der Enwicklung in namhaften großen Unternehmen abgehen kann. Ich habe selbst erlebt wie im Rahmen einer sog. Umstrukturierung auch ältere Kollegen (über40 Jahre: ja, mit über 40 Jahren war man in diesem Unternehem schon nicht mehr innovativ) vor die Tür gesetzt wurden, obwohl es dem Unternehmen wirklich nicht schlecht ging!

Auch dieses ganze Karrierestreben. Karriere war jedenfalls nicht mit vernüntiger Arbeit zu erreichen, im Gegenteil, letzteres war karrieretechnisch eher schädlich (jemand der was kann wird nicht befördert; wer soll dann stattseiner die Arbeit erledigen?).

Viele derjenigen mit Karrierechancen waren mir wegen ihres Geruches als Folge einer ausgeprägten Arschkriecherei in Ärschen höherer Etagen zuwider.


Oh mann, mir fallen hier noch weitere Sachen ein. Fazit: Obwohl ich ein Mensch bin, der nicht unbedingt der geborene Schreibtischtäter ist, will ich auf keinen Fall mehr zurück, und meine Ausbilder sind auch nicht unbedingt die angenehmsten.


Seid doch froh, daß es einen Job gibt, wo ihr nicht mit einer Vielzahl von Menschen kommunizieren müßt, um eure Ziele durchzusetzen! Ihr könnt die besten Entwickler sein und werdet scheitern, sobald jemandem aus der oberen Etage eure Nase nicht paßt.


Ja ,ich weiß jetzt was ihr denkt: Das übliche Gequatsche: kein Teamplayer, introvertiert usw. usw. Glaut mir: bei meiner Familie und meinen Freunden bin ich beliebt und alles andere als introvertiert. Dort bin ich auch teamfähig! Aber in den meisten Unternehmen gibt es eigentlich kein Team, da jeder, wie übrigens auch in der Politik, egoistisch an sein Fortkommen denkt.


So: oh Gott, ich bin kein egoistisches geldgieriges Schwein, ich habe mit gerade möglicherweise potentielle zukünftige Konkurrenten geschaffen, da ich den Beruf des Patentanwalts nicht schlecht gemacht habe! Was wird jetzt aus meiner Zukunft? Wie soll ich meine Familie ernähren? Ich muß mich also dringend ändern!
 
S

schwarzseher

Guest
@ ede: Oha, die GEZ ist überall und findet einen ;-)))

Naja, ich war vielleicht etwas direkt. So hart war es nun auch wieder nicht gemeint, sorry dafür.

@ Zufriedener: Sic! Fast genau so ist das mit der Karriere. Da zählen ganz andere Aspekte als Leistung.
 
T

Taiga Wutz

Guest
Also ich bin schon 6 Jahre dabei und bereue nicht
in diese Branche gegangen zu sein.

Aber ich denke, die Arbeit als PA ist so interessant,
wie man sie sich macht.
Wenn man geldgierig nur Anmeldungen hackt und selbst
nicht Kommuniziert, oder nur schriftlich kommuniziert,
dann mag es schon sein, daß man "vereinsamt".

Man kann aber auch aktiv den Kontakt zu den
Entwicklern suchen (vorausgesetzt der Mandant ist einverstanden),
dann wird der Job interessanter und auch den Anmeldungen
schadet der tiefere Einblick nicht :)

Da aber trotzdem ein rechtliches Verständnis erforderlich
ist, schadet es nicht, vorher einen Blick ins BGB geworfen zu
haben. Wenn es einem dann nicht schlecht geworden ist,
dann ist schon die erste Hürde genommen :)

Vergiß deine Noten und protze damit nicht so rum.
Im Berufsleben - egal wo - sind andere Qualitäten gefragt!

Gruß,
Taiga
 
P

PAC-man

Guest
Taiga Wutz schrieb:
Man kann aber auch aktiv den Kontakt zu den
Entwicklern suchen (vorausgesetzt der Mandant ist einverstanden) ...
Nun, SOOO gut ist dann mein Japanisch leider doch nicht ;-)

Gruß,

( '<
 
Oben