Prüfer EPA oder Kandidat?

S

stefan

Guest
Hallo liebe Kandidaten und Interessierte,

hoffentlich ist meine Frage hier nicht OT. Für mich stellt sich zur Zeit die Frage, ob ich eine Kandidatenstelle in einer (mittelgroßen) Kanzlei antreten soll, oder ob ich als Prüfer am EPA anfangen soll. Ich hätte - überraschend, weil ich nicht damit gerechnet habe, dass beides klappen könnte - beide Möglichkeiten.

Was Kandidaten so zu tun haben, wie die Ausbildung aussieht, und was in einer Kanzlei für Patentanwälte später alles zu tun ist, ist mir mittlerweile gut klar geworden, auch dank des Kandidatentreffs. Für mich persönlich gibt es vor allem einen Nachteil bei diesem (Ausbildungs-)weg: Meine Familie würde sicher zu kurz kommen. Schon Kandidaten sind gut ausgelastet, "fertige" PA haben erst recht keinen Acht-Stunden-Tag.

Über den Tagesablauf eines Prüfers am EPA weiß ich nur wenig; zwar habe ich schon Prüfungsbescheide gesehen und weiß in etwa, wie die Arbeit aussieht (streng systematisch, Recherche seit einiger Zeit auch vom Prüfer zu erledigen, im Vergleich zum PA möglicherweise etwas eintönig, weil meist spezialisiert), aber genaueres weiß ich nicht. Die Konditionen sind natürlich überzeugend, sowohl was das Gehalt betrifft als auch hinsichtlich sonstiger Vorteile. Vor allem, wenn Familie vorhanden ist.

Hat vielleicht jemand hier schon vor einer ähnlichen Entscheidung gestanden und kann ein wenig berichten?

Stefan
 
W

willi

Guest
Warum nicht erst als Prüfer arbeiten - die Konditionen sind nicht schlecht und nach einigen Jahren kann man auch zur EQE antreten.
Wenn Dir dann nach Tapetenwechsel ist, ist ein Wechsel in eine Kanzlei ja nicht ausgeschlossen (der umgekehrte Weg ist, soviel ich weiß, schwieriger). Ich kenne einige, die diesen Weg gegangen sind - so kennt man auch "beide Seiten der Theke".
 
S

stefan

Guest
willi schrieb:
Warum nicht erst als Prüfer arbeiten ...
Wenn Dir dann nach Tapetenwechsel ist, ist ein Wechsel in eine Kanzlei ja nicht ausgeschlossen (der umgekehrte Weg ist, soviel ich weiß, schwieriger).
Daran habe ich schon gedacht; allerdings habe ich es genau andersherum gehört: Einige Patentanwälte (allerdings aus der Patentabteilung eines Industrieunternehmens) haben nach vier oder fünf Jahren an das EPA/DPMA gewechselt. Angeblich seien ehemalige Patentprüfer für die Industrie/freie Wirtschaft/Kanzlei uninteressant.

Vor allem das Argument, beide Seiten zu kennen, finde ich hingegen recht schlagkräftig. Warum sollte sich eine Kanzlei so etwas entgehen lassen? Allerdings wäre ich nach fünf Jahren auch schon Mitte 30, also nicht mehr ganz der jungdynamischen Absolventengruppe zugehörig, die anscheinend aussschließlich gesucht wird.
 
W

Weiterer Patentanwalt

Guest
Ich stand vor mehreren Jahren vor einer ähnlichen Entscheidung:

Leitung einer Industriepatentabteilung oder Partner einer
Patentanwaltssozietät.

Ich habe mich für die Patentanwaltstätigkeit entschieden, weil ich
Single bin und es mir Spaß macht, wöchentlich ca. 80 Stunden
zu powern.

Wenn ich eine Famile gehabt hätte, hätte ich mich niemals für den
freien Beruf entschieden.

Meine Einschätzung:

EPA-Prüfer: hohe Sicherheit + gutes Einkommen + viel Freizeit

Industrietätigkeit: gutes Einkommen + wenig Freizeit

Patentanwalt: viel Freiheit (keiner kann mir verbieten, am Wochenende zu arbeiten, aber während der Arbeitszeit der Mitarbeiter im Internet zu surfen) + gutes Einkommen, jedoch kaum Freizeit.
 
W

willi

Guest
Kann mir nicht vorstellen, daß ehemalige Prüfer für Kanzlei/Industrie uninteressant sind, eher im Gegenteil.
Was das Alter betrifft - das würde ich etwas entspannter sehen.
In der Industrie kenne ich einige, die erst nach 10-15 Jahren in der Forschung zur Patentabtl. gewechselt sind, die hatten dann das Alter 30 auch schon lange hinter sich.
Zudem hättest Du diese Jahre nicht mit Sonnen in der Karibik verbracht sondern gute Berufserfahrung aus der Branche gesammelt. M.E. ist es wichtig, einen guten Einstieg zu finden, was dann kommt - die Möglichkeiten sind so vielfältig und auch zwischen den Optionen EPA-Prüfer und Kanzlei gibt es noch einiges anderes.
Wenn Dir deine Familie viel bedeutet, dann solltest Du dies auch bei Deiner Entscheidung hoch gewichten - die Jahre mit Deinen Kindern gibt Dir keiner zurück. Wenn diese dann größer und selbständiger sind, kann ja auch das Arbeitspensum entsprechend angepaßt/erhöht werden.
 
X

XYZ

Guest
Stefan schrieb:
hoffentlich ist meine Frage hier nicht OT. Für mich stellt sich zur Zeit die Frage, ob ich eine Kandidatenstelle in einer (mittelgroßen) Kanzlei antreten soll, oder ob ich als Prüfer am EPA anfangen soll.
Ich würde als Prüfer anfangen, in den PA-Beruf kannst Du später immer noch wechseln, falls Dir die Arbeit als Prüfer keinen Spaß mehr macht. Umgekehrt geht das nicht.

Aus meiner Sicht Vor- und Nachteile:

Als Prüfer hast Du einen geregelten Arbeitstag und von Anfang an gute Entlohnung. Kein Chef, der meint, in Deine Freizeit hinein mitbestimmen zu dürfen. Damit ist die Arbeit des Prüfers viel familienfreundlicher. Der PA muss eine Woche Urlaub mit einer Woche doppelter Arbeit vor und nach dem Urlaub bezahlen. Der Prüfer hat mehr als 30 Tage Urlaub, den er sich einfach nimmt.

Du bekommst eine von jeglichen finanziellen Interessen befreite Ausbildung. Prüfer müssen genauso gut Problem-Solution-Approach und Rechtsprechung beherrschen wie PAs. Von daher lernst Du nicht weniger, bekommst sogar eher mehr Zeit zum gründlichen Lernen.

Du kannst die europäische Zulassungsprüfung machen, wonach Du in einer Kanzlei einsteigen kannst. Als bereits Europäischer Patentanwalt könntest Du volle Arbeit leisten und pro forma die deutsche Ausbildung machen, wenn das erwünscht ist.

Die Arbeit als Prüfer ist extrem gut bezahlt, die sozialen Leistungen suchen ihresgleichen.

Arbeit in einem sehr internationalen Umfeld.


Nachteile:

Die Arbeit des PAs ist sicherlich vielfältiger als die des Prüfers.

Der Prüfer muss im Zweifel noch mehr langweilige Patentliteratur hinsichtlich ihrer Relevanz auf die Anmeldung studieren, der PA muss nur noch das lesen, was ihm der Prüfer vorsetzt.

Der Prüfer ist immer der "Zerstörer". Angeblich setzt das manchem Prüfer tatsächlich ganz schön zu, dass er immer nur destruktiv versucht, Anmeldungen die Erteilung zu verweigern.

Als PA hast Du wenigstens manchmal Mandantenkontakt.
 
S

stefan

Guest
XYZ schrieb:
Ich würde als Prüfer anfangen, in den PA-Beruf kannst Du später immer noch wechseln, falls Dir die Arbeit als Prüfer keinen Spaß mehr macht. Umgekehrt geht das nicht.
Das scheint so nicht zu stimmen; wie schon oben erwähnt, kenne ich einige europäische und/oder deutsche PA, die aus einem Industrieunternehmen zum DPMA gegangen sind, manche auch zum EPA. Ich wüsste auch nicht, warum das nicht gehen sollte.

Danke für Deine Sicht der Dinge; langsam fühle ich mich mehr in Richtung Prüfungsamt gezogen. Familie geht bei mir doch vor Karriere.
 
T

Totlacher

Guest
Weiterer Patentanwalt schrieb:
Single bin und es mir Spaß macht, wöchentlich ca. 80 Stunden
zu powern.
Ja, genauuuu. Ganz nach dem Motto: Glaube keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast. Diese Zahl erinnert mich an Kommilitonen, die sich allen ernstes selbst eingeredet haben, am Tag 8-10 Stunden gelernt zu haben. Dass sie zwischendurch mehrmals gegessen, diverse Kaffees getrunken (inkl. zur Cafeteria tingeln und schwatzen) und (sogar am Schreibtisch) geschlafen haben, das haben sie dabei großzügig unter den Tisch fallen lassen. Man kann sich offenbar auch gut selbst an der Nase herumführen.

Aber diese 80 übertrifft ja sogar die kühnsten Angaben der ach-so-tollen-und-gestressten Unternehmensberater. Allein, mir fehlt der Glaube. Ich lach mich tot.
 
I

Insider

Guest
Stefan schrieb:
Hat vielleicht jemand hier schon vor einer ähnlichen Entscheidung gestanden und kann ein wenig berichten?
Ja!

Ich denke, dass Du da bereits ein paar ganz gute Antworten bekommen hast, und ich glaube auch, dass Du für Dich richtig tendierst.
Das EPA ist ideal für Leute, die ihren Focus mehr auf die Familie, als auf die Karriere richten wollen. Die Sicherheit, die Sozialleistungen und das Gehalt sind extrem gut, und man kann definitiv seine Freizeit voll und ganz mit freiem Kopf geniessen.
Leute hingegen, die beruflich ambitioniert sind, die "Macher" sind und was bewegen wollen, werden ihre Frusttoleranz auf die Probe gestellt sehen und werden ihre politischen Fähigkeiten unter Beweis stellen müssen.
Es ist definitiv eine Mentalitätsfrage, wer wo glücklich wird.
Fakt ist allerdings, dass angesichts der guten Konditionen beim EPA kaum einer wieder geht, trotz Unzufriedenheit und Langeweile im Job.
Ich würde Dir auch zum EPA raten. Eine Absage Deinerseits könnte nämlich zur Folge haben, dass Du bei einer erneuten Bewerbung nicht mehr angenommen werden würdest (habe 'mal von so einem Fall gehört).

Würdest Du dann doch irgendwann 'mal tatsaechlich die Seite wechseln wollen, wird sich sicher was finden lassen. Zumal Du auch beim EPA nach 4 Jahren die Möglichkeit hast, an der Europäischen Prüfung teilzunehmen. Solange Du die üblichen Kriterien wie alle anderen auch erfüllst, und nicht zu alt bist, bzw. nicht zu lange auf einer Behörde "rumgedümpelt" hast; Du würdest dann immerhin Insiderwissen ;-) mitbringen .....

Alles Gute!
 
F

Familienfrau

Guest
Hallo Stefan,
ich habe mich - aus denselben Gründen wie Du, nämlich Familie - dazu entschlossen, mich nicht auf Kandidatenstellen zu bewerben, sondern als Prüfer am EPA. So wie es scheint, hast Du die Bewerbung ja bereits hinter Dir. Kannst Du mir vielleicht irgendetwas darüber sagen? Ich höre immer nur, dass man als Deutscher kaum Chancen hat. Meine Fachgebiete (in der Physik) werden allerdings aktuell durchaus noch gesucht. Worauf muss ich achten?
Vielen Dank,
ich
 
E

Erfolgloser

Guest
Familienfrau schrieb:
Ich höre immer nur, dass man als Deutscher kaum Chancen hat. Meine Fachgebiete (in der Physik) werden allerdings aktuell durchaus noch gesucht.
Bin Elektrotechniker, Diplom mit Auszeichnung, drei Jahre Industrieerfahrung, nebenher Dr. gemacht. Habe in England und Spanien studiert, spreche außer Deutsch fließend Englisch und Spanisch. Meine Fachrichtung wurde gesucht.

Ich bin nicht einmal eingeladen worden...

Ein Kollege in der alten Firma hat sich gleichzeitig beworben, wurde sofort genommen: ist Bulgare. Bulgarien war wohl gerade frisch zum EPÜ beigetreten oder Erstreckungsland geworden, weshalb es beim EPA noch keine Bulgaren gab und der angeblich nichtexistierende Länderschlüssel für ihn günstig war...

Von daher: versuchen sollte man es, wenn sie aus irgendeinem Grund einem eine Stelle anbieten, ist es das große Los...
 
E

Erfolgloser

Guest
Familienfrau schrieb:
Ich höre immer nur, dass man als Deutscher kaum Chancen hat. Meine Fachgebiete (in der Physik) werden allerdings aktuell durchaus noch gesucht.
Bin Elektrotechniker, Diplom mit Auszeichnung, drei Jahre Industrieerfahrung, nebenher Dr. gemacht. Habe in England und Spanien studiert, spreche außer Deutsch fließend Englisch und Spanisch. Meine Fachrichtung wurde gesucht.

Ich bin nicht einmal eingeladen worden...

Ein Kollege in der alten Firma hat sich gleichzeitig beworben, wurde sofort genommen: ist Bulgare. Bulgarien war wohl gerade frisch zum EPÜ beigetreten oder Erstreckungsland geworden, weshalb es beim EPA noch keine Bulgaren gab und der angeblich nichtexistierende Länderschlüssel für ihn günstig war...

Von daher: versuchen sollte man es, wenn sie aus irgendeinem Grund einem eine Stelle anbieten, ist es das große Los...
 
F

Familienfrau

Guest
Erfolgloser schrieb:
Bin Elektrotechniker, Diplom mit Auszeichnung, drei Jahre Industrieerfahrung, nebenher Dr. gemacht. Habe in England und Spanien studiert, spreche außer Deutsch fließend Englisch und Spanisch. Meine Fachrichtung wurde gesucht.

Ich bin nicht einmal eingeladen worden...
Hossa! Das lässt meine eh schon geringen Hoffnungen mal wieder gewaltig sinken. Denn ich habe weder Industrieerfahrung noch Promotion... wenigstens die Sprachkenntnisse stimmen bei mir halbwegs (Englisch, Französisch, Spanisch, Russisch). Hat bei Dir das fehlende Französisch als dritte Amtssprache den Ausschlag gegeben?
 
E

Erfolgloser

Guest
Familienfrau schrieb:
Hat bei Dir das fehlende Französisch als dritte Amtssprache den Ausschlag gegeben?
Keine Ahnung, Französisch hatte ich übrigens in der Schule, zwar mit mäßigem Erfolg, aber man hat mir ja keine Gelegenheit gegeben auszuführen, dass ich mir zutraue, Französisch hinreichend gut innerhalb eines Jahres zu erlernen.

Ein Bekannter von mir ist Prüfer. Der ist Spanier, kann nach mindestens zwei Jahren in D kaum genug Deutsch, um sich ein Bier zu bestellen, und bekommt vom EPA als Teil seiner "Arbeit" Französischunterricht (sollte für Spanier eh nicht so schwierig sein). Von daher scheinen die Sprachen nur eine begrenzte Wichtigkeit bei der Einstellung zu haben...
 
G

Gast999

Guest
Erfolgloser: Das mit der Sprache stimmt so nicht. Da die Quote für Deutsche mit Sicherheit eher erfüllt ist als für Spanier. sucht das EPA eben bei Deutschen Leute aus, die die Sprachen nahezu perfekt beherrschen und auf Ihrem Gebiet hervorrragende Kenntnisse haben. Spanier bewerben sich halt nicht so oft, wodurch die Anforderungen an sie niedriger sind, da auch die Quote für Spanier erfüllt werden soll.
 
I

Insider

Guest
Erfolgloser schrieb:
Von daher scheinen die Sprachen nur eine begrenzte Wichtigkeit bei der Einstellung zu haben...
Sicher nicht! Es ist so, wie Gast999 ausgeführt hat - bei zahlenmässig unterrepräsentierten Nationalitäten drückt man bei den Sprachen schon einmal ein Auge zu. Und logischerweise hat jemand, dessen Muttersprache bereits eine Amtssprache ist, einen Vorteil und muss daher umso besser in den beiden anderen Amtssprachen sein, als jemand der alle 3 Amtssprachen als Fremdsprache beherrschen muss;
 
E

Elke

Guest
Wobei, wenn in einer Beschwerdekammer alle drei Mitglieder bulgarisch sprechen, die theoretisch auch mündliche Verhandlungen in Bulgarisch ansetzen können (mit Simultanübersetzung in die Verfahrenssprache). Es lebe Europas Sprachenvielfalt.
 
G

Gast999

Guest
2(2): AMTSSPRACHE!

2(4): EINVERSTÄNDNIS ALLER BETEILIGTEN!


Und wie sollen die jetzt bulgarisch order sonstwas sprechen, wenn ich nicht wiel?
 
Oben